RP-Serie Verborgene Orte Auf zehn Quadratmetern hinter Gittern

Kleve · Rund 200 Gefangene sind zur Zeit in der Justizvollzugsanstalt Kleve inhaftiert. Jeder bewohnt eine kleine Zelle. Die meisten verbüßen dort eine Haftstrafe, andere befinden sich in Untersuchungshaft. Die RP zeigt, wie sie leben.

 Hier sitzen auch Männer aus Emmerich und Rees ein. Blick in eine Klever JVA-Zelle mit zehn Quadratmetern Fläche.

Hier sitzen auch Männer aus Emmerich und Rees ein. Blick in eine Klever JVA-Zelle mit zehn Quadratmetern Fläche.

Foto: Gottfried Evers

Wenn sich die schwere Tür öffnet, fällt der erste Blick auf die Gitter vor dem Fenster. Sie versperren die Sicht nach draußen auf den Innenhof. Das schmale Bett, den Holztisch oder die vielen bunten Poster an der Wand nimmt man erst beim zweiten Betrachten wahr. So dürfte es vielen ergehen, die zum ersten Mal eine Zelle in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Kleve betreten.

Auf etwa zehn Quadratmetern leben die Gefangenen des Gefängnisses an der Krohnestraße. Rund 200 Inhaftierte gibt es dort zur Zeit, Platz wäre für 228 Männer. Die rechteckigen Zellen sind spartanisch eingerichtet, nur das Nötigste gibt es hier. Ein Kleiderschrank steht in der Ecke, gegenüber befindet sich ein Tisch. Neben dem Kopfende des Betts führt eine Tür in eine kleine Nasszelle - dort gibt es Toilette, Waschbecken und einen Spiegel. Wer duschen möchte, muss die Gemeinschaftsduschen auf den Abteilungen nutzen. "Die Gefangenen dürfen zweimal wöchentlich zum Duschen, wer Sport treibt natürlich auch öfter", sagt Jörg Neyenhuys, Bereichsleiter in der JVA Kleve.

In der Klever Haftanstalt sitzen Männer, die zu einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren verurteilt worden sind. Besonders hoch sei der Anteil der Gefangenen, die wegen Drogendelikten einsitzen. Zudem gibt es dort auch viele Tatverdächtige, die sich nach richterlicher Anordnung in Untersuchungshaft befinden. "Durch die Nähe zur niederländischen Grenze sind hier häufig Männer untergebracht, die in Drogendelikte verwickelt sind. Sie werden hier in der Region aufgegriffen, einem Haftrichter vorgeführt und kommen schließlich zu uns in die JVA", sagt Neyenhuys.

Die Gefangenen dürfen ihre Zelle dekorieren - Poster und Fotos hängen in vielen Räumen an den Wänden. "Wichtig ist, dass die Zelle für uns kontrollierbar bleibt", erklärt Neyenhuys. Es dürfen sich durch den Zellenschmuck keine Verstecke für Gegenstände ergeben. Den meisten Gefangenen würden außerdem Geräte wie Fernseher oder Radios zugestanden, Mobiltelefone hingegen sind verboten. "Wir versuchen, die Lebensumstände im Vergleich zu draußen ein wenig anzupassen", so der Bereichsleiter. So würden in der Regel auch Kaffeemaschinen, Tauchsieder oder Induktionsplatten erlaubt, mit denen sich die Gefangenen Speisen und Getränke zubereiten können. "Alle zwei Wochen kommt ein Anstaltskaufmann, der Waren anbietet. Von ihrem Geld können die Gefangenen dann einkaufen", erklärt Neyenhuys. Gegessen wird nicht in einem großen Speisesaal, sondern in der Zelle - die drei Hauptmahlzeiten werden jedem Gefangenen dort ausgeteilt. Aus diesem Grund gebe es in den Zellen auch Geschirr und Besteck. Ein erhöhtes Sicherheitsrisiko für Personal und Mitgefangene sieht Neyenhuys dadurch nicht: "Theoretisch kann jeder andere Gegenstand auch als Waffe eingesetzt werden." Für die Gefangenen beginnt der Tag in der JVA um 6 Uhr morgens mit der sogenannten "Lebendkontrolle". In jeder Zelle werde nach dem Wecken überprüft, ob es den Gefangenen gut gehe, so Neyenhuys. Anschließend gebe es Frühstück bevor die meisten gegen 7 Uhr zu ihrem Arbeitsplatz innerhalb der Haftanstalt ausrücken würden. Gearbeitet wird beispielsweise in der Schreinerei, der Küche oder der Schlosserei, wo auch die Gitter für andere Haftanstalten hergestellt werden. Zum Mittagessen kehren die Gefangenen wieder zurück in ihre Zelle. Nach der Pause arbeiten sie bis zum Nachmittag weiter. "Anschließend gehen viele auf den Sportplatz oder in den Kraftraum", sagt Neyenhuys. Auch ihre "Freistunde", eine Stunde Hofgang, würden viele dann nutzen. Gegen 21 Uhr müssen alle Gefangenen wieder auf der Zelle sein.

Sollte es Probleme oder Anliegen der Gefangenen geben, könnten sie sich über eine Fernsprechanlage mit den Bediensteten in Verbindung setzen. Eine solche sei in jedem Haftraum vorhanden, so Neyenhuys: "Besonders Männer, die in Untersuchungshaft sitzen und noch nie mit einer JVA in Berührung gekommen sind, haben Fragen und brauchen Unterstützung."

Die Gefangenen dürfen, zeitlich begrenzt, Besuch empfangen. Dafür gibt es unterschiedliche Räume. In der JVA Kleve sind zwei Stunden pro Monat als Besuchzeit vorgesehen - sie können auf einmal oder geteilt genommen werden. Von der zeitlichen Begrenzung ausgenommen sind Termine mit dem Strafverteidiger. Während des Besuchs werden die Gefangenen beaufsichtigt - in manchen Fällen wird, auf richterliche Anordnung, sogar das Gespräch mit angehört, so Neyenhuys: "In diesen Räumen erlebt man alles - es wird geweint und gelacht." Schließlich würden dort Nachrichten über Geburten, Todesfälle sowie Trennungen und Scheidungen übermittelt. Ist die Besuchszeit vorbei, muss der Gefangene wieder zurück in seine Zelle. Dort bleibt ihm dann wieder nur der Blick aus dem vergitterten Fenster.

(RP)
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