Kleve Bachs "Schlafmusik" mit einem Plüsch-Krokodil

Kleve · Kinder beim Familienkonzert mit "Sebastian".

Sebastian kann nicht schlafen und nichts hilft: kein Herumlaufen, kein Schäfchen und Kinder zählen oder Kopfstand machen. Dass mit dem kleinen Jungen eigentlich auf den großen Johann Sebastian Bach angespielt wurde, war für die Zuschauer-Kinder beim Familienkonzert der Besonderen Reihe nicht unbedingt wichtig. Aber die Erwachsenen erkannten zu der heiter-poetischen Geschichte Ausschnitte aus den Goldberg-Variationen BWV 988, präsentiert nach Originalnoten in nicht-originaler Besetzung.

Zu Gast war das KOLIBRI-Geschichtenquintett: Sebastian wurde gespielt von Cornelius Nieden, es musizierten Margit Bonz (Viola), Christine Baumann (Harfe) und Alexander Messmer (Akkordeon). Zu Hilfe kam dem kleinen Sebastian die Amalia, gespielt von Prisca Maier. Die Kulisse bestand aus beklebten Kartons mit mysteriösen Aufschriften wie "Verbotenes", "Verstaubtes", Vergessenes", "Verrücktes" und "Verdrängtes" und einer unendlichen Papierwand, über die der kleine Schlaflose schriftlich mit einer imaginären Dame kommunizierte. "Amalia, ich kann nicht schlafen! Sebastian" schrieb er ihr, und sie antwortete aus der Rückseite: "Sebastian, ich komm." Und das tat sie: als Schattenfigur auf der beleuchteten Papierwand, als pantomimische Lieblingsleckerei aus Schokolade und Süßem, als Kakophonie aus Sturm und Gekruschel, wie sie selbst sagte: sie fällt immer wieder aus der Luft.

Als sie dann mal verschwindet war Sebastian traurig, und es kam noch schlimmer: eine schwarz gekleidete Gestalt, die durch das Papier trat, wollte ihn gar zu "ewigem Schlaf" überreden. Ein Grusel-Moment, der sich dann doch wenden würde: Denn zum Glück kam Amalia wieder, erzählte etwas von grünem, tiefschwarzem, gelbem und rotem Schlaf und letzten Endes ist die Lösung ganz einfach. Sie erscheint aus der Kiste "Verrücktes" und erfindet "Schlafen" neu als schöne Umarmung: "Jetzt schlafen wir!"

Am meisten mochten die Kinder die konkreten Spielteile, die auch die Kleinsten gut verstehen konnten: wie z.B. Akkordeonist Alexander Messmer den Sebastian mit einem Lexikon-Artikel über J. S Bach in einen Kurz-Schlaf redet und ihm dann augenzwinkernd ein großes Plüsch-Krokodil in die Arme legte. Natürlich erschrak Sebastian dann auch besonders schön beim Aufwachen.

Toon Tellegens Textgrundlage zu "Mein Herr Bach, mein Herr Bach!" ging in der knappen Stunde mitunter zwar ganz schön in die Psycho-Tiefe - so überlegte Sebastian z.B., ob er vielleicht vor Sorgen nicht schlafen könne und wurde sehr traurig, dann hatte er vielleicht sogar Angst vor dem Sterben - aber für die Zielgruppe zählte allein, dass Sebastian am Ende schlafen kann und Amalia, seine Freundin, ihn lieb findet.

Das Trio an den Instrumenten muszierte unaufgeregt elegante Menuette und Akkordeon-Harmonien, die Schauspieler waren Sympathieträger für alle Altersklassen und die beschwingte Stunde mit Sebastian freute die kleinen Zuschauer, die auf Kissen auf einem großen Teppich sitzen durften.

(RP)
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