Kreis Kleve Bauern sind stolz, aber nicht besänftigt

Kreis Kleve · Die Demonstration gegen die als beleidigend empfundenen "Bauernregeln" des Bundesumweltministeriums war erfolgreich: Die Kampagne ist eingestampft. Inhaltlich aber bleibt die Ministerin fest. Die Landwirte erwarten ein Streitgespräch.

 Sie kamen zu Hunderten und brachten jede Menge Plakate und Spruchbänder mit: die rheinischen Landwirte, die vor der Klever SPD-Zentrale ihren Unmut über die "Bauernregeln"-Kampagne äußerten. Sie hatten Erfolg, denn die Plakataktion wurde eingestampft. In der Sache bleibt die Ministerin allerdings hart.

Sie kamen zu Hunderten und brachten jede Menge Plakate und Spruchbänder mit: die rheinischen Landwirte, die vor der Klever SPD-Zentrale ihren Unmut über die "Bauernregeln"-Kampagne äußerten. Sie hatten Erfolg, denn die Plakataktion wurde eingestampft. In der Sache bleibt die Ministerin allerdings hart.

Foto: Friedel Evers

Mit soviel lautstarkem Widerspruch hatte die Ministerin offensichtlich nicht gerechnet: Wenige Stunden nach der Bauern-Demo in Kleve zog das Umweltministerium seine Plakataktion aus dem Verkehr. Nur am Flughafen Tegel waren bisher einige Exemplare zu sehen, weitere werden nicht mehr aufgehängt. Das bestätigte gestern im RP-Gespräch Dr. Barbara Hendricks, Kreis Klever SPD-Bundestagsabgeordnete und Bundesumweltministerin. "Wir werden neue Plakate drucken, aber in anderer, vor allem sachlicher Form. Natürlich wollten wir niemanden beleidigen", versichert die Kleverin.

Genau so hatte die zumindest medial schon existierende Kampagne jedoch gewirkt: Die Landwirte fühlten sich diffamiert und verspottet. Altertümlich wirkende "Bauernregeln" auf nachgeahmten Häkeldeckchen trafen nicht den Humor der Branche. Natürlich hatte Hendricks die Plakate nicht persönlich entworfen - das tat eine professionelle Agentur. Aber die Ministerin gibt zu, dass auch sie persönlich die Wirkung der Sprüche offenbar völlig falsch eingeschätzt hatte. "Ich fand die Verse nicht beleidigend, aber fraglos kamen sie so bei den Landwirten an. Jemanden zu kränken lag nicht in meiner Absicht. Manchmal kann man eben eine Wirkung nicht vorhersehen."

Der Herausforderer der derzeit einzigen Vertreterin des Kreises Kleve im Bundestag, Stefan Rouenhoff, hatte noch am Donnerstagnachmittag gegen die Plakataktion gewettert und seiner politischen Gegnerin mangelnde Sensibilität vorgeworfen. "Die Demonstration von mehreren hundert Bauern vor der SPD-Geschäftsstelle in Kleve ist ein klares Signal gegen die Hendricks-Kampagne. Statt plumper Sprüche sind ein respektvoller Umgang und eine sachorientierte Diskussion notwendig. Offensichtlich ist im Berliner Umweltministerium jedoch jegliches Gespür hierfür abhanden gekommen", schrieb er. Die Kampagne schüre Vorurteile, führe aber in keiner Weise zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft. Auch die Kreis-SPD müsse sich von ihr distanzieren- was am Abend geschah.

Allerdings: Inhaltlich habe sie keine Möglichkeit, den Landwirten entgegen zu kommen, so Hendricks. Die "verfehlte Agrarpolitik" habe sie nicht zu verantworten, ganz ohne Frage gehe der Gesundheitsschutz der Bürger vor. "Deutschland ist säumig, was die Umsetzung der EU-Richtlinien anbelangt, gegen uns läuft deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren. Warum versuchen denn so viele Niederländer, ihre Gülle bei uns los zu werden? Weil in anderen Ländern die strengeren Richtlinien schon längst angewandt werden." Die Ministerin steht den Bauern am 21. Februar in Uedem zum Gespräch zur Verfügung. Und lässt sie wissen, dass ihre Plakat-Sprüche zum Teil mindestens so daneben waren wie die aus Berlin.

Alles wieder gut, Vertrauen wiederhergestellt? "In keinster Weise", sagt Kreislandwirt Josef Peters. Die Ministerin hätte offenbar verstanden, welche Macht die Landwirte darstellen. Aber aus ihrer Videobotschaft auf Facebook gehe hervor, dass sie der Ansicht sei, die Landwirtschaft müsse sich ändern. Und das sehe die Branche anders. "Natürlich kann man manches noch besser machen. Aber wir haben schon extreme Anstrengungen unternommen, viele Millionen in Umwelttechnik investiert, um zum Beispiel weniger Nitrat oder Stickstoff zu produzieren. Wenn aber veraltete Daten nach Brüssel geliefert werden, zum Teil wider besseres Wissen, dann ist das eine Sauerei."

Landrat Wolfgang Spreen (CDU) habe ihm am Morgen zur erfolgreichen Demo (gegen die SPD-Ministerin) gratuliert. Und dafür gedankt, dass die Bauern zwar ihrem Unmut Luft gemacht, aber nichts zerstört hätten. "Klar könnten wir mit unseren Schleppern auch das Pflaster aufreißen oder Bäume entwurzeln, aber das ist nicht unser Stil", betont Peters. Der Berufsstand werde selbstbewusst in das Gespräch am 21. Februar gehen, kündige schon jetzt an, auf Augenhöhe oder gar nicht zu debattieren. "Vor allem soll sich Hendricks aus Sachen raushalten, die nicht in ihr Ressort fallen. Sie ist Umweltministerin, aber für die Landwirtschaft haben wir jemand anderen."

(RP)
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