Kleve Bettler-Banden vergraulen Kunden

Kleve · Die Zahl der Bittsteller am Elefanten Oberstadt Centrum nimmt zu und ihre Methoden werden immer unangenehmer. Teilweise kommen die Menschen in Kleinbussen nach Kleve, um Geld zu erbetteln.

Dass ein Mann mit dem Zurückbringen der Einkaufswagen vor einem Supermarkt am Eoc versucht, sich einen Euro zu "verdienen", ist für den Geschäftsführer und manche Kunden ein Ärgernis.

Dass ein Mann mit dem Zurückbringen der Einkaufswagen vor einem Supermarkt am Eoc versucht, sich einen Euro zu "verdienen", ist für den Geschäftsführer und manche Kunden ein Ärgernis.

Foto: Gottfried Evers

Die Frage "Hasse ma 'en Euro" ist immer noch aktuell. Doch heißt es heute auch: "Kann ich den Wagen wegbringen?" Der Mann, der nach dem Einkaufswagen fragt, will für seinen Einsatz den Euro haben, der im Münzverschluss sitzt. Auch das Elefanten Oberstadt Centrum (Eoc) hat mindestens einen Mann, der seine Dienste in diesem Segment anbietet. Er ist bekannt. "Ich kenne ihn, weiß seinen Namen und habe ihm schon mehrmals Platzverbot erteilt. Aber das nutzt nichts. Am nächsten Tag ist er wieder da", sagt Axel Schroff, Chef des Edeka-Markts am Eoc. Doch ist der Wagenschieber nur ein Problem rund um das Einkaufscenter. Was Schroff noch mehr ärgert, sind aggressive Bettler, die größtenteils aus dem osteuropäischen Raum stammen.

Wie unangenehm die vermeintlich Notleidenden sind, die den Kunden hinterherlaufen, um an Geld zu kommen, hat Anja Jessen (42, Name geändert) am vergangenen Montag erfahren müssen. Nachdem sie aus dem Auto ausgestiegen war, ging sie in zwei Geschäfte und wieder zurück zu ihrem Pkw. "Während meines Einkaufs bin ich von fünf Personen angesprochen worden, die Geld wollten", sagt Anja Jessen. Was sie neben der nervenden Bettelei mehr störe, sei die Art gewesen, mit der sie angesprochen wurde. "Zunächst wird einem rabiat der Weg verstellt. Und wenn man nichts gibt, werden die Leute ungehalten, beschimpfen einen und brüllen einem hinterher", sagt die 42-Jährige, die sich überlegt, demnächst in einem anderen Lebensmittelmarkt einzukaufen, denn: "Ich habe keine Lust, mir einen Weg zu suchen, um möglichst allen Bettlern auszuweichen."

Axel Schroff weiß um die Probleme: "Ich werde von Kunden regelmäßig auf diese Situation aufmerksam gemacht. Allein, ich kann kaum etwas dagegen tun. Ich habe rechtlich keine Handhabe. Mir sind die Hände gebunden. So lange die Personen keine Straftat begehen, ist die Polizei dafür nicht zuständig." Der Marktleiter fordert die Bittsteller regelmäßig auf, den Bereich vor seinem Geschäft zu verlassen. Ohne den gewünschten Erfolg. "Das sind auch keine klassischen Bettler. Das sind Banden. Für mich gehört dieses Vorgehen zur organisierten Kriminalität", sagt Axel Schroff. Vor allem ältere Kunden, die sich weniger wehren, leiden darunter. Es würden ihnen Zeitungen in die Hand gedrückt, die sie kaufen sollen und der Ton in der Ansprache habe sich merklich verschärft, so der Marktleiter.

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Auch Ralph van Hoof, Leiter des Ordnungsamts der Stadt Kleve, hat festgestellt, dass das organisierte Betteln zugenommen hat. Es gäbe Gruppen, die morgens mit dem Bus nach Kleve gebracht würden, um hier Geld zu sammeln, so van Hoof, der klarstellt, dass Betteln nicht generell verboten sei. "Wenn sich einer hinkniet und einen Hut vor sich aufstellt, ist das völlig in Ordnung. Das aggressive Betteln ist jedoch verboten", sagt van Hoof. Die Zahl der Bittsteller aus Osteuropa sei gestiegen, so der Ordnungsamtsleiter. Für den Verkauf von Zeitschriften, wie etwa das Obdachlosen-Blatt "fiftyfifty", muss man eine Genehmigung beantragen.

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Foto: Dietrich Janicki

Was das Thema Musikanten in der Stadt betrifft, gibt es klare Vorgaben. Alle Darbietungen, bei denen ein Verstärker im Spiel ist, sind verboten. Panflötenspieler oder andere Instrumentalisten dürfen etwa in Fußgängerzonen musizieren. Denn das fällt in die Kategorie Kunst. Traditionell würde in der Weihnachtszeit die Zahl der Bettler zunehmen, so van Hoof. Wie die RP erfuhr, musste die Stadt jüngst neun Bettler einer auffällig gewordenen Bande zusammen mit der Polizei zum Bahnhof bringen. Hier wurden sie in einen Zug gesetzt, der sie zu dem Ort brachte, in dem sie in Deutschland gemeldet sind.

Axel Schroff ist davon überzeugt, dass Betteln sich finanziell durchaus auszahlen kann: "Ich kenne Untersuchungen, nach denen ein Bettler zwischen 70 und 80 Euro einnimmt. Bei acht Stunden am Tag und einer Fünf-Tage-Woche sind das 1500 Euro im Monat. Netto wohlgemerkt."

Der Marktleiter betont: "Jeder, der Hunger hatte und nach Lebensmitteln gefragt hat, hat auch welche bekommen. Da haben wir bislang immer helfen können. Ich will nur nicht, dass meine Kunden hier belästigt werden."

Johannes Hülsmann, Vorsitzender des Klever City Netzwerks und Kaufhof-Chef, hat zumindest derzeit keine Zunahme von unangenehmen Bettlern vor seinem Haus feststellen können. "Aber am Eoc ist mir das auch aufgefallen", sagt Hülsmann.

Aktuell hat Axel Schroff jedoch einen seiner beharrlichsten Bettler an einen Mitbewerber verloren. Der Einkaufswagen-Zurückbringer soll sich seit kurzem einem neuen Aufgabengebiet zugewandt haben. Vor dem neu eröffneten Lebensmittelgeschäft in der Unterstadt hat er sich einen neuen Markt erschlossen.

(RP)
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