Kleve Böse und schaurig schöne Hexen

Kleve · Humperdincks "Hänsel und Gretel" mit Blechbläsern und jungen Tänzerinnen der Kreismusikschule in der Klever Stadthalle.

Wie ergreifend Engelbert Humperdincks Märchenoper "Hänsel und Gretel" auch ganz ohne Gesang sein kann, zeigte das wunderbare Gesamtprojekt in der Stadthalle mit rund 70 tanzenden Kindern und Jugendlichen, einem Sprecher und einem jungen Blechblasensemble. Die dichte, packende Inszenierung komprimierte die abendfüllende Oper auf eine knappe Stunde - die drei Akte rauschten nur so vorüber und enthielten doch alles Wesentliche an Handlung und Musik.

Choreografin Ella Lichtenberger hatte die Gesamtregie bei diesem Mammutprojekt, an dem außer den jungen Tänzerinnen der Kreismusikschule Kleve auch die Marienschule Materborn, die Johanna Sebus Grundschule Rindern und die Gesamtschule Kleve beteiligt waren. Geschickt nutzte Lichtenberger die große Zahl der Beteiligten, indem sie die einzelnen Märchenfiguren, statt sie solo auftreten zu lassen, zu ausdrucksstarken Gruppentänzen formte - was durch die synchronen Bewegungen und die intensive Mimik (böse und schaurig: die Hexen!) eine enorme Wirkung entfaltete.

Bereits die jüngsten Darsteller beteiligten sich an höchst anspruchsvollen Choreographien, machten Spagat und vollführten wilde Sprünge über die Bühne. Kostüme und Requisiten (Kunst-AG der Gesamtschule Kleve) kamen effektvoll zum Einsatz, etwa die silbern schimmernden Engelsgewänder, die Goldkugeln in den Händen der kleinen Taumänner oder die bunten Torten aus Pappmaché.

Die aufregende Waldszene im zweiten Akt (Bühnenbild: Alica Busch) wurde durch die Kunstgruppe der Grundschule Rindern mit farbenfrohen, flatternden Waldvögeln belebt.

Ludger Kazmierczak überzeugte als charmant-lockerer Märchenerzähler, der doch an den entscheidenden Stellen Spannung aufbaute. Vom Bühnenrand aus rezitierte er die gereimten Originaldialoge der Oper, ergänzt um verbindende Zwischenverse von Adelheid Wette. So verknüpfte der WDR-Redakteur und beliebte Klever Kabarettist die getanzten Bilder und Musikstücke zu einer Geschichte, der auch die zahlreichen Kinder in der vollbesetzten Klever Stadthalle folgen konnten.

Tobias Füller leitete die fabelhaften Jungen Blechbläser NRW, ein Ensemble aus elf Bläsern und zwei Schlagzeugern zwischen 13 und 23 Jahren. Durch ihr brillantes Spiel und die kongeniale Bearbeitung von Hans-Joachim Drechsler glaubte man tatsächlich, ein ganzes Opernorchester vor sich zu haben.

Von den gruselig geisterhaften Szenen der Hexe bis zum unvergleichlich schönen Abendsegen - alle Facetten von Humperdincks zauberhafter Partitur wurden zum Leben erweckt.

(RP)
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