Kreis Kleve Brexit und die Folgen am Airport Weeze

Kreis Kleve · Wenn der Austritt der Briten aus der EU vollzogen ist, gibt es auch keinen gemeinsamen freien Luftraum mehr. Neue Verträge oder ein Anschluss an den Verbund ECAA ist nötig. Weezes Flughafenchef Ludger van Bebber im RP-Gespräch.

 Michael O' Leary, Chef der irischen Fluggesellschaft Ryanair, mit Flughafenchef Ludger van Bebber (r.).

Michael O' Leary, Chef der irischen Fluggesellschaft Ryanair, mit Flughafenchef Ludger van Bebber (r.).

Foto: Seybert

Er hat in Ryanair-typischer Manier frühzeitig und lauthals gewarnt, geworben, gedroht, schließlich die Konsequenzen aufgezeigt: Michael O' Leary, Chef der irischen Fluggesellschaft Ryanair, fürchtete den Brexit für sein Unternehmen und die gesamte Branche. Vor Monaten lud er im Ausland lebende Briten ein, zum Sonderpreis mit Ryanair nach Großbritannien zu fliegen und dort für den Verbleib in der EU zu votieren. Es waren offenbar nicht genügend Briten, die das Angebot wahrnahmen, denn bekanntlich ging die Sache anders aus: Die Mehrheit stimmte für den Brexit, also für den Ausstieg aus der Europäischen Union.

Welche Folgen wird der Brexit zum Beispiel für Ryanair und damit auch für den Weezer Flughafen als Basis der Airline haben? Werden etwa die Ticketpreise steigen, weil Länder, deren Wirtschaft schwächelt, als Sofortmaßnahme gerne die Steuern erhöhen? Oder werden Passagiere der Airline, deren Flugzeuge zum Großteil in London stationiert sind, weniger Rechte haben, weil die Briten dann nicht mehr an die Fluggastrechteverordnung gebunden sind? Gibt es bei Verspätungen und Annullierungen keine Entschädigungen mehr? Alles denkbar, aber vorläufig kaum einzuschätzen, sagt Ludger van Bebber, Geschäftsführer des Weezer Flughafens. "Alle Gesellschaften auch innerhalb der EU hätten lieber keine Diskussion über die Flugrechtlinien", erklärt er. Schon die Verunsicherung innerhalb der Branche sei schlecht fürs Geschäft. Die Entscheidungen müssten abgewartet werden.

Sobald der Austritt Großbritanniens vollzogen sein wird, sind auch die Flotten der in Großbritannien ansässigen Airlines keine "europäischen" mehr. Am Aktienmarkt haben die britischen Fluggesellschaften schon erhebliche Einbrüche zu verzeichnen. Wenn das Pfund an Wert verliert, dürften sich Briten zudem mit für sie teurer werdenden Reisen aufs Festland zurückhalten. Nimmt der Flugverkehr nach Großbritannien ab, kommt es dazu, dass die Airlines ihre Maschinen verstärkt in Kontinental-Europa einsetzen, folgern Fachleute. Die neu gekauften Maschinen nicht etwa in England zu stationieren, sondern sie auf die Heimatbasen in Europa aufzuteilen - das hat O'Leary schon angekündigt. Ob Weeze davon profitieren könnte? "Stärker in Zentraleuropa aktiv werden zu wollen ist ja längst kommuniziert, auch unabhängig vom Brexit", gibt van Bebber zu bedenken. Alleine schon, weil der Lowcost-Markt in England, wo es ihn schon viel länger gebe, kaum mehr Entwicklungsmöglichkeiten habe. In Europa hingegen könne der Marktanteil noch steigen. "Gespräche für den nächsten Sommer haben wir noch nicht geführt, und bis zum Frühjahr sind die Volumina bereits verteilt", schwächt van Bebber überzogene Hoffnungen ab. Ryanair schaue neben den Großstadt-Destinationen (Berlin und Köln-Bonn entwickeln sich stark) derzeit besonders auf Osteuropa. Anders als die reiselustige Kundschaft kann die Airport-Geschäftsführung nicht ausschließlich auf ein möglichst breites Flugangebot schauen. "Wir müssen Wirtschaftlichkeit und Verkehrsangebot ausbalancieren", erklärt der Geschäftsführer.

Klar scheint, dass die liberalisierte Luftfahrt in Europa mit den für alle EU-Länder gleichen Sicherheitsbestimmungen in einem neuen Regelwerk fortgesetzt werden muss. "Insbesondere alles, was Sicherheit angeht, muss auch auf die neuen Verträge übertragen werden, sonst funktionieren ja die Kontrollstellen nicht", meint van Bebber. Die Fluggesellschaften Europas profitieren von der European Common Aviation Area (ECAA), dem freien Marktzugang zum europäischen Luftraum.

Auch Airlines aus Großbritannien können (bisher) so viele Ziele innerhalb der Staatengemeinschaft anfliegen, wie sie möchten. Weil auch Nicht-EU-Länder wie Norwegen, die Schweiz oder Bosnien die Vorzüge des erweiterten Binnenmarkts nutzen, gilt der Beitritt Großbritanniens zu diesem Verbund als wahrscheinlich.

(RP)
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