Kleve Darum hat Kleve keine Stolpersteine

Kleve · In vielen Städten sind zum Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus Stolpersteine verlegt worden. Die Klever Stadtverwaltung entschied sich dagegen. Sie erinnert mit Gedenktafeln und Führungen.

Eine schöne Sache seien die Stolpersteine, mit denen in vielen Städten an jüdische Opfer des Nationalsozialismus erinnert werde, findet der ehemalige Klever Beigeordnete Wolfgang Krebs. Zuletzt wurden in der vergangenen Woche in Goch 20 Stück verlegt. Drei gab es dort bereits. In Kleve aber sucht man die Kunstwerke vergeblich. Die Stadtverwaltung habe sich bewusst für eine andere Form des Gedenkens entschieden, sagt Wolfgang Krebs.

"Die Steine zerkratzen, und man könnte das Gefühl bekommen, man trete die Menschen mit Füßen." Auf seine Initiative hin wurden vor vier Jahren in Kleve Gedenktafeln angebracht, die drei wichtige geschichtliche Standorte markieren. Dazu gibt es thematische Führungen und Veröffentlichungen. In seinem Buch "Die Klever Juden im Dritten Reich" zeichnet Wolfgang Krebs die Schicksale der verfolgten Menschen nach. "Wir haben eine gute Lösung bei der Frage nach der Art der Erinnerung gefunden, denke ich", sagt der 80-Jährige.

Im Jahr 1989 lud die Stadtverwaltung Überlebende des Holocaust, die bis dato in Kleve gelebt hatten, zu einem Besuch in ihre alte Heimat ein - und versprach ihnen, zum Stadtjubiläum drei Jahre später eine Ausstellung über die Klever Juden zu machen. "Kurz vorher fiel dann aber auf, dass es kaum Informationen gab", erinnert sich Wolfgang Krebs, der damals gerade in den Ruhestand gegangen war. Also begann er zu recherchieren und die Geschichte der Klever Juden aufzuarbeiten. Inzwischen ist er zu einem Experten auf dem Gebiet geworden, hat mehrere Bücher geschrieben und Aufsätze veröffentlicht. "Es ist eine differenzierte Form der Erinnerung", erklärt er.

Vonseiten der Stadt werden spezielle Stadtführungen angeboten. Am 27. Januar wird der Befreiung des Konzentrationslagers Au-schwitz und am 9. November den Opfern der Reichspogromnacht gedacht. "Das finden wir einfach angemessener als Stolpersteine", erklärt Daniela Renecke von der Stadt Kleve.

Die Gedenktafeln ließ die Stadt im November 2010 anbringen. Die erste markiert die Stelle an der Straße Gerwin, wo einst die im Jahr 1671 eingeweihte Synagoge stand. 1821 wurde sie aufgegeben und in der Pogromnacht 1938 niedergebrannt. Die zweite Tafel ist am Standort des ehemaligen Wohnhauses von Elias Gomperz, der im 17. Jahrhundert eine jüdische Niederlassung in der Klever Wasserstraße gründete. Am Spoycenter hängt die dritte Gedenktafel. Dort stand das sogenannte "Judenhaus", das Alte Finanzamt, wo jüdische Menschen vor ihrer Deportation versammelt wurden.

Bei einer Volkszählung 1932 habe es 152 jüdische Klever gegeben. Ein gutes Drittel sei in den Folgejahren umgebracht worden, sagt Wolfgang Krebs. "Klever Juden von früher gibt es heute überhaupt nicht mehr."

(RP)
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