Kleve Das Brodeln der Metropole fehlt

Kleve · "Ex-zentrisch - gibt es die Provinz?", fragte das Landesbüro für Bildende Kunst in NRW in einer Diskussionsrunde in der Lounge des Museums Kurhaus Kleve.

 Auf dem Podium vor Longs Wand: Prof. Harald Kunde, Ingrid Misterek-Plagge, Moderator Emmanuel Mir, Gerd Borkelmann, Elisabeth Schink (v.l.).

Auf dem Podium vor Longs Wand: Prof. Harald Kunde, Ingrid Misterek-Plagge, Moderator Emmanuel Mir, Gerd Borkelmann, Elisabeth Schink (v.l.).

Foto: mgr

Kleve ist keine Provinz: Trotz der ausverkauften "Made-in-Kleve"-Gala in der Stadthalle mussten in der Museums-Lounge des Kurhauses mehrmals Stühle nachgerückt werden, um den vielen Besuchern Platz zu bieten, als Ingrid Misterek-Plagge vom Kulturraum Niederrhein, Museumsdirektor Prof. Harald Kunde, der Künstler Gerd Borkelmann und die Künstlerin Elisabeth Schink (Projektraum25) vor dem Metropolen-würdigen Wandlabyrinth des britischen Künstlers Richard Long über die kulturelle Provinz diskutierten. Und nicht nur das Podium zeigte sich debattierfreudig: Das Publikum diskutierte munter mit, als es unter der Moderation des Düsseldorfers Emmanuel Mir vom Landesbüro für Bildende Kunst (LaB K) hieß: "Ex-zentrisch - gibt es die Provinz?"

Kleve ist Provinz:Dr. Christian Esch vom NRW KULTURsekretariat war auf dem Weg in die Provinz auf der Autobahn im Stau steckengeblieben - er sollte auch auf dem Podium sitzen. Und wer nach der lebhaften, spannenden Diskussion nach Hause wollte, musste schon das eigene Auto nehmen. Im Zehnminutentakt fahrende Busse wie in Metropolen gibt's hier nicht. Von Straßen- oder U-Bahnen ganz zu schweigen. Ehrlich auch Harald Kunde: Er würde keinem jungen Künstler raten, weit entfernt von den Netzwerken der Metropolen in die Provinz zu gehen, bevor er sich nicht einen Namen gemacht hat.

Provinz oder Nichtprovinz ist hier nicht die Frage - natürlich ist Kleve verglichen mit Berlin, Hamburg, Köln oder Düsseldorf Provinz, auch kulturell: Es gibt keine nennenswerte Bühne und das "Rauschen, das Brodeln der Metropole" (so ein Diskussionsbeitrag) ist nicht einmal als Flüstern wahrnehmbar. Im Vergleich mit Städten gleicher Größe kann Kleve wiederum punkten: Hochschule und Kurhaus und Haus Koekkoek heben es kulturell schon etwas aus der provinziellen Masse deutscher Kommunen heraus - auch wenn in Kleve um diese Institutionen oftmals ziemlich provinzielle Diskussionen geführt werden - vor allem wenn es um zu verteilendes Geld geht.

An zu verteilendem Geld machte Kulturmanager Bruno Schmitz Kleve als Provinz fest, bekäme doch die sogenannte "Freie Szene" in Kleve keine nennenswerten Zuschüsse. Andererseits hatte zuvor der Künstler Martin Lersch auf die Frage nach öffentlichen Zuwendungen für freie Künstler gesagt, er hoffe, sie bekämen keine, sonst seien sie nicht mehr frei. Lersch bekam auch Szenenapplaus für seine Definition von Provinz, die ihren Ursprung am römischen Niederrhein habe. Schink wiederum ließ die Grenzen zwischen Provinz und Metropole verschwimmen - internationale Künstler kämen gerne in ihren Projektraum25. Borkelmann ließ keinen Zweifel aufkommen, dass er den Kontakt nach Chicago, wo er regelmäßig erfolgreich ausstellt, nicht über Kleve, sondern über Köln bekommen hat. Nicole Peters vom Bund bildender Künstler wünschte sich ein Mentorenprogramm für junge Künstler - das es nach Misterek-Plagge bald geben soll. Punkten kann die Peripherie, auf die man sich als Namen einigte, mit günstigen Ateliermieten und einem ruhigem Lebensumfeld. Allgemeiner Wunsch war Nachhilfe für Politiker (nicht nur in der Provinz), die allzu oft von den Nöten und der Qualität der Kunst keine Ahnung haben. Sammler Werner Steinecke mahnte eine bessere Vernetzung der Institutionen an und Misterk-Plagge versprach eine Künstler- und Aussteller-Übersicht des Niederrheins.

Mir, der Mann aus der Metropole, zog ein positives Fazit: "Die Nicht-Metrolpole ist deutlich diskutierfreudiger als die Metropole". Und die Klever Provinz brachte auch die meisten Besucher der LaB K-Reihe..

(mgr)
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