Kalkar-Wissel Das Dorf stark machen - Wisseler gefragt
Kalkar-Wissel · Grieth hat zu seiner Daseinsvorsorge das "Hanselädchen" gegründet, auch Wissel will aktiv werden, um sich ohne Sorgen der Zukunft stellen zu können. Die Klever Hochschule stellte Ergebnisse der Bürgerbefragung vor.
"Wenn Wissel kein starkes Dorf ist - dann weiß ich es nicht", merkte Kalkars Bürgermeisterin Britta Schulz bei der Begrüßung der Einwohner im Wisseler Gemeindezentrum an. Sie bezog sich damit auf das Euregio-Projekt "KRAKE", das (auf Niederländisch) "krachte kernen" oder "starke Dörfer" heißt. Wie kleine Orte zukunftsfähig werden, indem sie ihren Bürgern bieten, was diese benötigen und wünschen - darum geht es in dem Projekt, an dem die Hochschule Rhein-Waal, unterstützt durch Kollegen der Hochschule Arnheim /Nimwegen und der Fachhochschule Münster, im Auftrag zahlreicher Kommunen arbeitet.
Nachdem die Kalkarer Ortschaft Grieth schon vom Vorgängerprojekt "Smart Villages" profitiert hatte, das mit zur Gründung des Dorfladens führte, steht nun Wissel im Fokus. Als Ortskundige dabei ist einmal mehr Birgit Mosler, die in Grieth lebt, das dortige Hanselädchen mitgründete und nun auch die Nachbarn unterstützt. Prof. Klaus Hegemann und seine Studenten stellten einer großen Anzahl Bürger im Gemeindezentrum das Ergebnis der Befragung vor einigen Monaten vor. Die Wisseler Ratsvertreter und viele weitere (auch jüngere) Einwohner hörten interessiert zu. Schließlich ging es um ihre Zukunft.
Etwa 260 Männer und Frauen hatten sich an der Umfrage beteiligt und Auskunft darüber gegeben, wie wohl und gut versorgt sie sich in Wissel fühlen - oder eben nicht. Dies herauszufinden ist auch für die Klever Hochschule wichtig, betonte der Professor, denn "die Menschen in der Region sind unser Thema". Wobei die Wissenschaftler und Studenten nur Denkanstöße liefern und Wege bereiten könnten; "Machen müssen am Ende die Bürger selbst", formulierte Britta Schulz resolut.
Auch in Grieth sei die Umsetzung des Lädchens und dessen Finanzierung Sache der Bürger und des eigens gegründeten Vereins.
Nun also Wissel, etwa 2060 Einwohner, ein großer See, nahe am Rhein, dafür die Autobahn weit weg. Es gibt Kindergarten, Schule, Kirche, einen Arzt, Feuerwehr, Vereine, auch Gaststätten, Bäckerei und Kiosk. Das ist für einen kleinen Ort schon einiges, und die Bürger sind froh über den Status Quo, der eine Grundversorgung durchaus ermöglich. Aber eben auch nicht mehr. Ein Supermarkt fehlt, wobei es für den gut bestückten Kiosk viel Lob gab, und wer kein Auto zur Verfügung hat, steht vor einem Problem.
Mobilität ist gerade auf dem Dorf das Thema, sie bestimmt eindeutig die Lebensqualität. Entsprechend fragen Menschen unter 20 (die meist noch nicht selbst fahren dürfen oder können) und über 60 am ehesten nach mehr Nahverkehr. Wobei die Wisseler auch in hohem Alter meist noch Auto fahren - mangels Alternativen? Ein Bürgerbussystem oder eine Börse für Mitfahrgelegenheiten stieß auf einiges Interesse. Bei der Befragung hatte eine Reihe Menschen unverbindlich erklärt, sich eine ehrenamtliche Busfahrer-Tätigkeit durchaus vorstellen zu können.
Was ist den Wisselern wichtig, was weniger? Bäcker, Bankautomat und (mehr) Lebensmittel wollen sie gerne im Ort haben, für Filme, Theater und Konzerte sind sie bereit, auch in die Nachbarstädte zu fahren. Kalkar als erste und Kleve als zweite Möglichkeit werden da genutzt. Sehr viele Bewohner hoffen laut Datenauswertung auf ein bald schnelleres Internet, auf eine auch in Zukunft noch existierende Arztpraxis und auf Angebote sozialer Träger (Caritas, Diakonie, Awo...). Wer darauf nicht vertraut, erwägt, im Alter wegzuziehen. Oder, auf Jugendliche bezogen, nach der Schulzeit die Heimat zu verlassen, um auswärts einen guten Job zu finden.
Für die Projektbetreuer eine gute Erkenntnis: Das Interesse an gemeinschaftlichen Initiativen in Wissel ist groß. Und viele möchten an der Weiterentwicklung ihres Ortes mitwirken. Das zeigten sie nicht zuletzt dadurch, dass sie sich in Listen für künftige Arbeitsfelder eintrugen. Eine intensive "Dorfdebatte" soll nun klären, welche konkreten Ideen angegangen werden. Vielleicht der Bürgerbusverein?