Kleve Das Leiden an der Baustelle

Kleve · Die Baumaßnahme an der Gruftstraße kostet die Autofahrer Nerven und Geschäftsleute Geld. Seit vier Wochen ist auch die Tiergartenstraße gesperrt. Der Umsatz ist eingebrochen. Ab Montag soll die Verkehrsführung geändert werden.

 Tankstellen-Pächter Markus Kandula wartet vergeblich auf Kunden. Die finanziellen Einbußen, die er durch die Gruftbaustelle hinnehmen muss, sind für ihn existenzbedrohend.

Tankstellen-Pächter Markus Kandula wartet vergeblich auf Kunden. Die finanziellen Einbußen, die er durch die Gruftbaustelle hinnehmen muss, sind für ihn existenzbedrohend.

Foto: Gottfried Evers

Für Martin Kandula (40) beginnt der Tag um 5 Uhr und mit Sorgen. Der Mann ist Pächter einer Tankstelle. Unter normalen Umständen eine florierende Zapfstation. Der Kraftstoffverkäufer betreibt die Esso-Tankstelle an der Tiergartenstraße. Viele seiner Kunden sind Niederländer. Der enorme Preisunterschied zum Nachbarland sorgt für einen guten Umsatz. Doch kennt dieser seit Wochen nur eine Richtung: stramm bergab.

Grund dafür sind die Bauarbeiten im Kreuzungsbereich Klever Ring/ Gruftstraße, mit denen vor knapp einem Monat begonnen wurde. Die Tiergartenstraße ist seitdem in Fahrtrichtung Innenstadt gesperrt. "Seitdem verkaufe ich 70 Prozent weniger Benzin. Hinzu kommen die Waren, die ich im Geschäft anbiete", sagt Kandula. Doch sind es nicht allein die Niederländer, die ihm fehlen. "Auch die deutschen Stammkunden bleiben aus", sagt der 40-Jährige. Seit 13 Jahren führt er die Tankstelle, noch nie hatte er derart miserable Zahlen.

Der Chef arbeitet jetzt jeden Tag zwölf Stunden und sieben Tage in der Woche. "Das muss ich. Die Kosten laufen weiter." Kandula musste zuletzt für 8000 Euro eine neue Alarmanlage einbauen, "wir sind jetzt besser gesichert als die Sparkasse". Manchmal schließt er früher. "Es kommt einfach niemand mehr. Hier ist es totenstill", sagt Martin Kandula während er auf der Straße steht. Es gibt Tage, da hatte er bis zum Frühstück drei Kunden.

Auch Unternehmen, die ihren Hauptumsatz nicht aus der Kategorie "Laufkundschaft" akquirieren, leiden unter der Verkehrsregelung. So sind die Umsätze in der Einhorn-Apotheke um bis zu 40 Prozent zurückgegangen. Apotheker Dr. Heiko Buff (44) sagt: "Die Sperrung tut uns weh. Nur Kunden, die ganz gezielt zu uns wollen, kommen derzeit." Er macht sich ebenfalls Sorgen, dass er Stammkunden aufgrund der Baustelle verliert. Was den Apotheker ärgert, ist die Informationspolitik. "Wir haben aus der Zeitung von der Baumaßnahme erfahren. Man hat uns unvorbereitet ins offene Messer laufen lassen", sagt er.

Georg Arntz ist beim Landesbetrieb Straßen.NRW beschäftigt und Leiter der Baumaßnahme. Er will den Vorwurf von Buff prüfen. "Die Baufirma ist dafür verantwortlich, die Anlieger und Gewerbetreibenden rechtzeitig zu informieren", sagt er. Zufriedener ist er mit dem Fortgang der Arbeiten. Keine großen Probleme, alles im Zeitplan und ab dem zweiten Bauabschnitt wird alles besser, so der aktuelle Stand aus Sicht von Arntz. Der Jubel der Geschäftsleute hält sich in Grenzen. Die Einbußen sind da, und sie werden durch die neue Regelung bestenfalls nicht mehr so extrem sein. Anwohner und Geschäftsleute der Prachtstraße hatten in den vergangenen Jahren häufiger Schwierigkeiten, ohne Behinderung zu ihren Häusern oder Geschäften zu kommen. Kanalarbeiten, Versorgungsleitungen und jetzt die Straßendecke - irgendwo wurde hier immer etwas aufgebrochen.

Doch sind die Auswirkungen der Baustelle wesentlich weitreichender. Auch die Geschäftsleute an der Kavarinerstraße klagen. Christian Heicks von der Bäckerei Heicks & Teutenberg spricht von 20 bis 30 Prozent weniger Umsatz für seine Filiale in der Unterstadt. "Wir haben deutlich weniger Kunden. Wenn ich das hier sehe, frage ich mich nur, ob man abends nicht die eine oder andere Stunde länger arbeiten kann. Es soll Baustellen geben, da ist man rund um die Uhr aktiv", sagt der Unternehmer.

Michael Kotters vom gleichnamigen Haushaltswarengeschäft auf der Kavarinerstraße war zusammen mit Heicks beim Leiter des Klever Tiefbauamts, Willibrord Janßen. Doch der zuckt mit den Achseln, da er keinen Einfluss auf die Arbeiten hat. Nicht seine Baustelle. "Wir haben bei der Vorplanung Verkehrsabläufe besprochen", sagt Janßen. Und das war's. Auch Michael Kotters vom gleichnamigen Haushaltswarengeschäft spürt die Sperrung: "Im Verhältnis zu den ersten Monaten des Jahres ist das Geschäft rückläufig. Volkswirtschaftlich verursacht die Baumaßnahme einen großen Schaden."

Montag soll die Verkehrsführung geändert werden. "Dann entspannt sich alles", sagt Baustellenchef Arntz, der betont, dass die Tiergartenstraße jetzt 20 Jahre lang Ruhe habe. Aber Ruhe hatte man eigentlich genug.

(jan)
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