Kleve "Das Quartier ist ein altes Arbeiterviertel"

Kleve · Hochschule Rhein-Waal stellte dem Sozialausschuss das Zwischenergebnis der Untersuchung zum Oberstadt-Quartier zwischen Hoffmann-, Linden-, Königsallee und Merowingerstraße in Kleve vor.

 Scholtenstraße im Quartier Oberstadt.

Scholtenstraße im Quartier Oberstadt.

Foto: Markus van Offern

Backsteinhäuser gereiht, schmal, zwei Geschosse mit einem dunklen Satteldach. Dunkel sind sie und trotzdem freundlich. Sie erinnern an die Zeit, als bei Elefanten noch Tausende Menschen arbeiteteten und in der Nähe günstige Wohnungen brauchten, hier zwischen Brahmstraße und Scholtenstraße, Schüttestraße, Thaerstraße. Ein kleiner Vorgarten trennt Haus und Bürgersteig von der Straße, zwei bis drei Stufen führen hinauf zum Eingang. Es sind Reihenhäuser, Mehrfamilienhäuser und an den Ecken manchmal etwas größere Einfamilienhäuser.

Erbaut seit den 1930er Jahren, in den 1950er und später. Dazwischen die gestreckten, oft schon sanierten Blocks der GeWoGe-Kleve, in der Mitte an der Ackerstraße, die Joseph-Beuys-Gesamtschule mit ihrer Aula, daneben die Reste der ehemaligen Pannier-Schuhfabrik: Das Quartier Oberstadt - eingegrenzt von Lindenallee, Hoffmannallee, Merowingerstraße und Königsallee.

Ein Quartier mit Ecken und Kanten, wie jetzt die Untersuchung durch die Hochschule Rhein-Waal (HSRW) aufzeichnet. Aber ein lebenswertes Quartier, wie die Untersuchung auch ergab, deren Zwischenergebnis jetzt dem Sozialausschuss der Stadt Kleve vorgestellt wurde. Der Ausschuss bekam spannende Einblicke in ein Quartier, die Prof. Ingrid Jungwirth, HSRW, und ihre wissenschaftliche Mitarbeiterin Claudia Balan gaben. Die hatten 20 Interviews mit Bewohnern sowie mit Vertretern von Einrichtungen geführt, Zahlen zusammengetragen und ausgewertet.

Ein Ergebnis: Die Menschen in diesem Quartier sind viel jünger, als sie selber annehmen. "Die Menschen wohnen dort gerne, weil es ein gewachsener Stadtteil ist, keine sterile Neubausiedlung. Sie wohnen hier, weil es sie an ein Arbeiterviertel erinnert, das es in seinem Ursprung ja auch war. Sie wohnen aber vor allem hier, weil die Infrastruktur so gut ist: Das eoc. liegt quasi auf der anderen Straßenseite. Ärzte und Apotheken sind in Rufweite und die City ist mit ein bisschen gutem Willen sogar gut zu Fuß zu erreichen.

Es sind Menschen, die auch vom Ruf des Quartiers wissen: "Wenn ich sage, ich wohne an der Richard van de Loo Straße, sagen Klever: Kenn' ich nicht. Wenn ich sagem, ehemalige Küpperstraße, heißt die Antwort: Oh, oh, wie kann man da nur wohnen", heißt es in einem Interview. Das gleiche gilt für die Mozartstraße, die oft als Musikerviertel einen zweifelhaften Ruf hatte. Dabei haben sich beide Straßen inzwischen stark verändert. Manche führen auch den fehlenden Integrationswillen von "Ausländern" an - und weisen auf den "Holländer" in der Nachbarschaft.

Ein Problem an dem Quartier sei, so Jungwirth, dass ein gemeinsames Identifikationsmerkmal fehle. Viele der befragten Bürger sagten, dass eine Verbesserung, Verschönerung des öffentlichen Raumes, wie das "Herausputzen der Spielplätze" oder das Aufstellen von Bänken hilfreich wäre. Oft genannt als kultureller Mittelpunkt wurde die Aula der Joseph-Beuys-Gesamtschule, manche vermissten die Kneipen, andere führten die Cafés entlang der Hoffmannallee als positiv für das Viertel an.

Jungwirth betonte, dass man die Untersuchung - vor allem die Befragung der Bewohner - im nächsten Schritt auf eine breitere Basis stellen müsste. Es sei schwierig, die Menschen im Viertel zu erreichen. So fehle noch der Kontakt zum Beispiel zu den polnischen Mitbürgern, die einen nicht unbedeutenden Teil der Bewohner stellen.

(mgr)
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