Bedburg-Hau Der Ausverkauf im Bauernmarkt

Bedburg-Hau · Der Bauernmarkt Hövelmann schließt Ende des Jahres. Für Josef Peters, Vorsitzender der Kreisbauernschaft, sind die Sorgen der Hofverkäufer keine überraschende Entwicklung: "Die Verbraucher achten allein auf den Preis."

Bedburg-Hau: Der Ausverkauf im Bauernmarkt
Foto: Evers, Gottfried

Die Ära Kohl ist vorbei. Auch beim Bauernmarkt Hövelmann. Seit 45 Jahren verkauft die Familie Hövelmann an der Querallee in Bedburg-Hau so ziemlich alles, was in der Region wächst. Am Jahresende ist der Markt Geschichte. Michael Hövelmann (51) beendet den Verkauf von ländlichen Erzeugnissen und wird nur noch eine kleine Auswahl saisonaler Produkte wie Erdbeeren oder Spargel in seinem Hinterhaus anbieten.

Gründe für die Schließung gibt es mehrere. Einer ist: "Wir werden unsere Scheune, die komplett renoviert wurde, jetzt als Festhalle vermieten", sagt der 51-Jährige. Hochzeiten, Goldhochzeiten, Beerdigungskaffee ... - das alles wird es demnächst dort geben, wo Blumenkohl und Porree in Kisten standen. Hövelmann wartet noch auf die letzten Genehmigungen, die ersten Feiertermine sind bereits vergeben.

Ausschlaggebend dafür, nach mehr als vier Jahrzehnten die Scheune anders zu nutzen, sei auch das veränderte Kaufverhalten, so der Landwirt. "Vor 15 Jahren habe ich 500 Kilo Rotkohl in der Woche verkauft. Jetzt sind es noch sechs Köpfe. Wer kocht denn heutzutage noch selbst Rotkohl und wer kann das noch?", fragt der 51-Jährige. Im vergangenen Jahr hatte er beim Kauf von 25 Kilo Kartoffeln einen Rotkohl gratis dazu gegeben. "Da haben die Meisten gesagt, 'ach, den brauch' ich gar nicht'. Ein Glas Rotkohl gibt es im Supermarkt für 69 Cent", sagt der Landwirt. Überraschend sei gewesen, dass dieser gar nicht schlecht geschmeckt habe.

Josef Peters, Vorsitzender der Kreisbauernschaft, weiß um die schwierige Situation der Direktvermarkter: "Die Verbraucher sagen, sie seien bereit, für qualitativ hochwertige Nahrungsmittel auch mehr Geld auszugeben. Nur, wenn man nach dem Einkauf in den Wagen guckt, liegen dort meistens eben doch nur Billigprodukte."

Ein Beispiel dafür, so Peters, sei Frischmilch. In einem Geschäft mit sieben verschiedenen Anbietern wird zu 82 Prozent die billige Hausmarke gekauft, die restlichen 18 Prozent müssen sich die höherwertigen und regionalen Anbieter teilen. Aus Sicht des Vorsitzenden der Kreisbauernschaft haben Hofläden nur eine Chance: "Der Verkauf alleine reicht nicht aus. Man muss mit der Landwirtschaft ein zweites Standbein haben."

Landwirt Franz Bienen ist 63 Jahre alt. Auch er wird seinen Scharsenhof in Kessel am Jahresende aufgeben. "Wir haben keinen Nachfolger, und die Situation ist immer schwieriger geworden. Für ein Glas Marmelade kommt niemand mehr", sagt Bienen, der auf seinem Hof nur die selbst erzeugten Produkte Spargel, Beerenobst, Eier und Kürbisse anbietet. Gut läuft hingegen der Verkauf auf dem Bauernmarkt Haus Riswick, wo er einen Stand hat. Drei Hofläden habe es einmal in Kessel gegeben, so Bienen, jetzt verkaufe nur noch einer Spargel während der Saison. Das einst gute Angebot in dem Gocher Ortsteil gibt es nicht mehr.

In einer anderen Liga spielt der Bauernmarkt Lindchen in Keppeln. 50 Mitarbeiter beschäftigt Peter Hesseling (27), der betont: "Auch wir kämpfen um unsere Kunden. Man muss eben günstiger und besser sein als die anderen Anbieter." Dies, so der 27-Jährige, erreiche man durch die kurzen Wege vom Feld direkt in die Auslage. Hesseling sagt: "Wir können mit den Supermarktpreisen mithalten."

Und das kann der Bauernmarkt Hövelmann eben nicht. "Gegen die Discounter hat man auf Dauer keine Chance", sagt der Hauer. Bei einem Discounter wurde ein Kilogramm Zwiebeln für 29 Cent angeboten, er müsse dafür 50 Cent im Einkauf zahlen. Zudem kennen die Nebenkosten seit Jahren nur eine Richtung: von links unten nach rechts oben. Vor zehn Jahren musste Hövelmann 300 Euro Stromkosten zahlen, aktuell sind es bereits 1000 Euro.

Kein Nachfolger in Kombination mit einer seit Jahren kräftezehrenden 70-Stunden-Woche sind zwei weitere Gründe dafür, um aus dem Bauernmarkt in Bedburg-Hau nun eine Festhalle zu machen. Michael Hövelmann erklärt: "Es ist alles schwieriger geworden und wenn ich merke, dass der Einsatz in einem schlechten Verhältnis zum Ertrag steht, dann muss man die Konsequenzen ziehen. Besser jetzt, als wenn es zu spät ist."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort