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Kranenburg Der Tag, als die Front vom Himmel fällt

Kranenburg · Morgen vor 70 Jahren hat die 8. US-Luftlande-Division das Gebiet westlich und nördlich des niederländischen Groesbeeks besetzt. Bei Bombenabwürfen sterben 15 deutsche Zivilisten. US-Soldaten richtet die SA widerrechtlich hin.

 Am 17. September 1944 - morgen vor 70 Jahren - sprangen die US-Fallschirmspringer über Groesbeek und Kranenburg ab. Damit fiel die Front gleichsam vom Himmel ins Kleverland.

Am 17. September 1944 - morgen vor 70 Jahren - sprangen die US-Fallschirmspringer über Groesbeek und Kranenburg ab. Damit fiel die Front gleichsam vom Himmel ins Kleverland.

Foto: Boss-Druck und Verlag/Kreis Kleve

Morgen vor 70 Jahren - der 17. September 1944 ist ein sonniger Spätsommer-Sonntag im sechsten Kriegsjahr. Die Westalliierten nähern sich der südholländischen Grenze. Hunderte von älteren Männern und Zwangsarbeitern schaufeln seit zwei Wochen vom Wiesenland bis zum Reichswald einen Panzergraben, der in etwa an der Ostseite der heutigen B 504 (neu) verläuft. Deutsches Militär ist seit Tagen auf dem Rückzug. Ständig ist man durch feindliche Jagdbomber gefährdet. "Was bringen die nächsten Wochen?" Diese Frage stellt sich jeder mit ungutem Gefühl.

Eine erste Antwort bringt dieser Sonntag. Kein Gottesdienst beginnt vor 10 Uhr, weil es nach Mitternacht zweimal Voll-Alarm gab. In Frasselt hat sich Pastor Kück beeilt, die Menschen sind bereits auf dem Heimweg, als plötzlich Bomben fallen. Ein Flugzeugpulk belegt den Reichswaldrand von Grafwegen bis zum Forsthaus Frasselt mit einem Bombenteppich. Der Gegner vermutet dort deutsche Truppenkolonnen, doch die sind längst weiter. Kein Soldat kommt zu Schaden. Doch 15 Zivilisten werden tödlich getroffen - drei und sieben Jahre sind die Jüngsten, zudem gibt es Verwundete.

In Kranenburg ist in der Kirche das Hochamt zum Kreuzfest fast zu Ende, als die ersten Bomben krachen. Die Gläubigen drängen zu den Ausgängen, viele harren im Gotteshaus an den Wänden und Pfeilern aus. Alle Gottesdienstbesucher kommen mit dem Schrecken davon. Die Bomben schlagen waldnah in den Elsen und am Galgensteg ein, dort gab es drei Tote.

Auch in Wyler wird das Hochamt durch den ohrenbetäubenden Lärm vieler Flugzeuge und durch Bombenexplosionen unterbrochen. Die Menschen suchen Schutz an den dicken Turmmauern. Einige Häuser stehen in Flammen, doch die Feuerwehr kann nicht löschen, weil die feindlichen Jagdbomber auf alles schießen, was sich bewegt. "Was soll das alles in einer Landregion abseits von großen Städten und Industrieanlagen", fragen sich viele.

Gegen 14 Uhr wird man schlauer. Dichte Flugzeugverbände erscheinen, aus denen Hunderte von Fallschirmjägern springen. Andere Maschinen ziehen Lastensegler hinter sich her, die ausgeklinkt zu Boden gleiten. Die 8. Amerikanische Luftlande-Division besetzt das Gebiet westlich und nördlich von Groesbeek. An manchen Fallschirmen hängen Behälter mit Waffen, Munition und Lebensmitteln. Etliche Amerikaner kommen in Wyler herunter, andere sogar in den Wiesen an der Zyfflicher Seite.

Nicht alle der gelandeten Soldaten können sich zu ihrem Verband zurückschlagen. Zwei junge US-Amerikaner werden von Zollbeamten gefangen genommen und entwaffnet nach Kranenburg gebracht. Dort erschießt sie der SA-Obersturmbannführer Ludwig Klüttgen vorsätzlich und gegen jedes Kriegsrecht. Nach dem Krieg in Niedersachsen entdeckt, wird er in Dachau vor ein Kriegsgericht gestellt und gehenkt.

Die Bevölkerung in Kranenburg ist vor Furcht gelähmt und fragt sich: "Was machen die Amerikaner mit uns, wenn die am Abend hier einrücken?" Doch daraus wird nichts. Die Stoßrichtung der Alliierten geht nach Norden. Weil "Die Brücke von Arnheim" nicht erobert wird, erstarrt die Front (bis zum 8. Februar 1945) und verläuft vom Teufelsberg über die Groesbeeker Höhen bis zur Maas. Die deutschen Nachbarorte werden evakuiert, schwerste Monate stehen dem Kleverland bevor.

(RP)
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