Kleve Der Wald atmet auf

Kleve · Dem Reichswald geht es etwas besser. Nach dem aktuellen Waldzustandsbericht erholt sich der Forst weiter. Doch gibt es keinen Grund, in Euphorie auszubrechen. Die Kiefer leidet weiter, aber die Eiche ist aus dem Gröbsten heraus.

"Erst stirbt der Wald, dann der Mensch" lautete ein Horrorszenario aus den 80er Jahren. Das Schicksal des deutschen Waldes war zu diesem Zeitpunkt besiegelt. Es kam anders. Als das Waldsterben seinen Höhepunkt erreicht hatte, wurde damit begonnen, einmal im Jahr dessen Zustand zu untersuchen. Die aktuellen Ergebnisse von 2015 für den Forst in Nordrhein-Westfalen sind vom Landesbetrieb Wald und Holz veröffentlicht worden. Demnach geht es dem Ökosystem in NRW im Vergleich zum Vorjahr etwas besser. Ein Viertel aller Bäume weisen dennoch "deutliche Schäden" auf. Im Vorjahr waren es allerdings noch 31 Prozent. Die Erkenntnisse der Inventur im Wald sind in etwa übertragbar auf den Reichswald. Doch gibt es hier Besonderheiten.

Einer, der diese Besonderheiten bestens kennt, ist Revierförster Joachim Böhmer (49), der seit mehr als 30 Jahren im Reichswald arbeitet. Angefangen hat er als Forstpraktikant Jetzt betreut er den nördlichen Teil des Reichswalds.

"Auch die Struktur des Waldes hat sich weiter verbessert", sagt Böhmer. Man merke, dass der Reichswald langsam aus dem Jugendalter herauswachse. Es sind nicht mehr nur kleine Bäume da, wie nach der Aufforstung nach Kriegsende. Der Wald sei vielfältiger geworden. Er wird bunter, und das gibt Hoffnung. So steigt etwa der Laubholzanteil bedingt durch größer werdende Buchen- und Eichenbestände.

Vor einigen Jahren galt die Eiche noch als Dauerpatient. Bei ihr ging es damals ans Eingemachte. Jetzt macht sich eine Gesundung bemerkbar. Diese beiden Baumarten sind es auch, die verstärkt gepflanzt werden. Probleme bereitet hingegen die Fichte. "Die leidet enorm. Es wird deutlich, dass dieser Baum nicht in den Reichswald gehört. Der Bestand ist rückläufig", sagt Böhmer. Einigen Nadelhölzern wie der Fichte wird es in unseren Breitengraden schlichtweg zu warm und zu trocken. Nach dem Krieg wurden sie verstärkt gepflanzt, um die zerstörten Waldgebiete zu sichern. Zudem besitzt dieser Baum einen großen Nutzwert. Böhmer betont, dass es nicht das Ziel sei, den Forst in einen Wald ohne Fichten umzubauen und erklärt: "Wir wollen jedoch für unser Klima besser geeignete Nadelbäume setzen, wie etwa die Douglasie."

Unstrittig ist, dass sich das verändernde Klima Auswirkungen auf den Wald haben wird. Nur weiß man noch nicht, in welchem Umfang. Daher, so ein Ergebnis des Waldzustandsberichts, sei es besonders wichtig, dass nur klimaangepasste und standortgerechte Bäume einen angemessenen Gesundheitszustand des Waldes erwarten lassen.

Joachim Böhmer vergleicht die sich verändernden klimatischen Bedingungen mit dem Gesundheitszustand eines Menschen: "Wenn man Schnupfen hat und bekommt dann noch eine Lungenentzündung dazu, dann wird's eng." Zumindest Schnupfen hat der deutsche Wald immer noch.

Wenn Joachim Böhmer den Reichswald mit einer Schulnote bewertet, so würde er für die gewünschte Vergrößerung des Laubbaumbestands eine 3 + geben. Insgesamt jedoch käme der Forst nicht über eine 4 + hinaus. "Befriedigend ist der Gesundheitszustand noch nicht", sagt der Fachmann, der weiter an der Genesung arbeitet.

So sollen in den kommenden Jahren neben Douglasie und Küstentanne auch verstärkt die Bestände der Roteiche sowie der Esskastanie erhöht werden. Man wird sehen, wie sich diese Bäume auf den hierzulande nährstoffarmen Böden entwickeln. Schnelle Erfolge werden die geplanten Maßnahmen nicht bringen. Im Wald rechnet man in anderen Zeiteinheiten.

(RP)
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