Bedburg-Hau-Moyland Die Schönheiten in Moylands Keller

Bedburg-Hau-Moyland · Im ebenerdigen "Untergeschoss" von Museum Schloss Moyland warten ein Rundgang durch 200 Jahre Kunstgeschichte und starke Beuys-Werke wie das Aggregat und frühe Kruzifixe aus Holz.

 "Sinnendes Mädchen" von Daniel Stocker, die der Bildhauer zwischen 1908 und 1910 aus dem Marmor geschlagen hat.

"Sinnendes Mädchen" von Daniel Stocker, die der Bildhauer zwischen 1908 und 1910 aus dem Marmor geschlagen hat.

Foto: Gottfried Evers

Gelassen sitzt sie da. Gelassen und entspannt, geradezu modern. Das eine Bein unter das andere geschlagen, das Badetuch über den Sockel sortiert, auf dem sie sitzt. Eine schlanke, selbstbewusste, junge Frau. "Sinnendes Mädchen" nannte Daniel Stocker die Statue, die er zwischen 1908 und 1910 aus dem Marmor geschlagen hat. Ihr lebensgroßes Pendant sitzt auf einem Brunnen in einer Stuttgarter Treppenanlage, erklärt Dr. Alexander Grönert, Kurator im Museum Schloss Moyland. In Moyland hat man der schlanken Schönheit einen besonderen Platz gegönnt: Sie sitzt entspannt unter einem Bogen im Eckraum auf dem Weg vom 19. ins 20. Jahrhundert.

 Das Aggregat von Joseph Beuys im Gewölberaum.

Das Aggregat von Joseph Beuys im Gewölberaum.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Die aus der Jugendstilzeit stammende Figur zu finden, ist nicht so einfach. Denn die Skulpturensammlung von Museum Schloss Moyland, die sehr schön den Geist der Sammlung van der Grinten, ausgehend vom 18/19. Jahrhundert die Kunst bis Beuys zu erfahren, spiegelt, ist im Keller. Der ist nicht vom Haupttreppenhaus zu erreichen. "Man sollte an der Rezeption im Schloss fragen, die zeigt, wo die Treppe ist. Wir arbeiten aber auch an einer besseren Wegweisung", sagt Grönert. Denn es lohnt, in den Keller zu steigen, der eigentlich nicht einmal Untergeschoss ist, wie er in Moyland heißt. Die Gewölbe schauen ebenerdig hinaus auf die Insel im Burggraben. Steigt man vorne die schmale Treppe hinab, erzählt ein Auge von Günter Zins die Geschichte des Schlosses als Ruine: Der Klever Bildhauer hatte die "tausend Augen" auf eine Wand gesprüht, einige wurden für die Sammlung im Schloss gesichert. Gegenüber hängen die Fotos der einstigen Installation in der Ruine. Im Raum dahinter liegt einer der wenigen nach dem Umbau erhaltenen Kamine, dazu die Geschichte Moylands mit Fotos.

Dann folgt chronologisch die Präsentation, die Grönert neu geordnet hat: Ausgesuchte Arbeiten weisen den Weg durch die Skulpturen-Sammlung der Brüder van der Grinten durch die westeuropäische Kunst, ausgehend von der Aufklärung. Hier steht zentral im ersten Raum eine kleine Bronze nach einem Werk des Franzosen Jean Antoine Houdon, dessen Werke im Louvre in Paris, dem Liebieghaus in Frankfurt am Main oder dem Bode-Museum in Berlin zu sehen sind. Es ist eine kleine Frierende von 1783, eine schlanke Frau, die sich in ein dickes Tuch gehüllt hat, das ihren Oberkörper, ihren Kopf umschließt.

"Von hier ausgehend haben die Brüder van der Grinten systematisch, auch didaktisch gesammelt", sagt Grönert. Neben dem Franzosen findet man den Klassizismus des Dänen Thorvaldsen, es gibt Skulpturen aus Porzellan, Bronze und Stein - die ganze Bandbreite eben. Man bewundert Max Klingers Badende aus dem 19. Jahrhundert und trifft auf Bellings wunderbare Schmeling-Skulptur von 1928. In einer Vitrine zwei Hunde von Josef Rübsam - ein eleganter von 1929 und ein struppiger von 1949. Ganz hinten lockt ein alter Mann in den Sockel des Bergfrieds: schmal der Weg zur schmalen Marcks-Figur.

Dann den Beuys, den man oben vermisst: Große, starke Arbeiten wie das Aggregat, jener schwarze Tisch, der mit seiner Aura einen ganzen Raum füllen kann. Der Schlitten, der den ganzen Beuys von Fett und Filz vereint. Wunderbar die frühen geschwungenen Kruzifixe, die noch an Mataré erinnern. Im krassen Gegensatz dazu das "Hasengrab" mit Plastikpropeller auf einem Material-Sammelsurium. Ergänzt wird das durch kleinere Arbeiten von Beuys Fluxus-Freunden. Durch einen schmalen Gang geht's rüber zu Wilmsen-Wiegmanns Buchenwald-Skulptur, die am Ende der Runde steht, die mal eben durch 200 Jahre Kunstgeschichte führte.

(RP)
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