Kleve Die Stolpersteine des eigenen Ortes erklärt

Kleve · Vier Jugendliche haben eine Broschüre erstellt. Diese zeigt auf, wo in Issum mal jüdische Bürger lebten.

 Ein kleines Heft mit wichtigem Inhalt: Steffen Dennert und Ann-Katrin Vester stellen die Broschüre in der ehemaligen Issumer Synagoge vor.

Ein kleines Heft mit wichtigem Inhalt: Steffen Dennert und Ann-Katrin Vester stellen die Broschüre in der ehemaligen Issumer Synagoge vor.

Foto: Zehrfeld

Es ist ein kleines, dünnes Heft, doch es enthält ein wichtiges Stück Geschichte. Etwa die Geschichte von Ernst Cohen. Er war ein jüdischer Bürger in Issum. Durch die Nationalsozialisten verschleppt, gelang ihm die Flucht aus dem KZ Dachau. Er schaffte es bis nach Argentinien, doch starb dort im November 1939, vermutlich an Gelbfieber. Seine Frau und seine Tochter wurden von den Nazis ermordet.

Das Heft erinnert auch an Sigmund und Regina Moses, die 1936 aus Issum in die Niederlande flohen. 1944 wurden sie von dort nach Auschwitz deportiert, wo sie beide im September 1944 umgebracht wurden.

Diese und weitere Fakten haben vier Jugendliche vom Gelderner Lise-Meitner-Gymnasium für die Broschüre "Stolpersteine in Issum" zusammengefasst. Ann-Katrin Vester (17) und Steffen Dennert (17) präsentierten das Ergebnis stellvertretend für ihre Mitstreiter Henrik van den Brand und Max Küppers der Öffentlichkeit. Als Ort dafür wählten sie die ehemalige Issumer Synagoge.

Die Recherchen für das 16 Seiten umfassende Büchlein haben sie beeindruckt und ihnen einen grausamen Teil der deutschen Geschichte viel näher gebracht, sagen sie. Vor allem, weil es um das Geschehen in ihrem Heimatort ging. "Das war das Interessante daran: dass man wirklich weiß, wie das da war, wo man heute lebt", beschrieb Steffen Dennert.

Die "Stolpersteine" sind die quadratischen Gedenktafeln im Pflaster, die an die ehemaligen Wohnstätten jüdischer Bürger erinnern, die von den Nationalsozialisten vertrieben oder getötet wurden. "Die Häuser stehen zum Teil noch", sagte Ann-Katrin Vester. "Die Straßen kennt man. Die Stolpersteine sind da, wo wir jeden Tag vorbeilaufen." Heute, nachdem sie sich mit dem Leben der Menschen befasst hat, für die die Gedenkplaketten stehen, fallen sie ihr viel mehr auf als früher.

Die wichtigste Quelle war für die jungen Leute das Buch "Juden in der Geschichte des Gelderlandes" von Bernhard Keuck und Gerd Halmanns. Die Anregung zur Erstellung der Broschüre bekamen sie durch ihren Lehrer Gerd Halmanns im Geschichts-Grundkurs. Realisiert wurde das Projekt gemeinsam mit dem Historischen Verein für Geldern und Umgegend, der den Druck bezahlt hat.

Issums Bürgermeister Clemens Brüx nannte das Engagement der Jugendlichen beeindruckend und beispielhaft. Es sei wichtig, "dass das nicht vergessen wird - unsere Geschichte", betonte er. Die jungen Menschen in Deutschland trügen keine Schuld, aber sie müssten sich mit dem, was in ihrer Großeltern-Generation geschehen ist, befassen, um Konsequenzen zu ziehen.

Vom Heft "Stolpersteine in Issum" wurden 3000 Exemplare gefertigt. Es liegt nun unter anderem in der einstigen Issumer Synagoge aus.

(RP)
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