Kranenburg Die Straße der Hoffnung

Kranenburg · Über die Situation im Kranenburger Zentrum wird seit Jahren diskutiert. Beschlossen wurde, auf der Großen Straße eine neue Verkehrsregelung einzuführen. Der Initiativkreis "von Bürgern für Bürger" will die negative Entwicklung stoppen.

Kranenburg: Die Straße der Hoffnung
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Hubert van Erp (64) und Heinz Nielen (66) stehen vor einem Haus auf der Großen Straße in Kranenburg. Das Gebäude hat seine besten Jahre hinter sich. Ein altes Etwas mit hohem Brandrisiko. Doch ist es damit in guter Gesellschaft. Nielen geht einen Schritt auf die Straße und zeigt auf andere Häuser, die ebenfalls in die Kategorie "Sanierungsstau" einsortiert werden können. "Hier muss etwas passieren. Es ist nicht nur so, dass bedeutende Gebäude verkommen, wir laufen Gefahr, dass sich die Straße zu einem sozialen Brennpunkt entwickelt", sagt Nielen.

Der 66-Jährige war jahrelang SPD-Fraktionschef im Rat und kennt sich ebenso wie Hubert van Erp in Kranenburg bestens aus. Van Erp leitete zehn Jahre das Bauamt der Gemeinde. Jetzt arbeitet der Diplom-Ingenieur als Architekt. Die Männer sind über den Status der reinen Bestandsaufnahme beim Thema "Große Straße" hinaus. Sie wollen die negative Entwicklung, die der historische Ortskern aus ihrer Sicht in den vergangenen Jahren genommen hat, nicht nur stoppen, sondern versuchen, diese umzukehren. Mit Hilfe des Initiativkreises "von Bürgern für Bürger" will man die Situation im Zentrum Kranenburgs verbessern. Unter anderem gehören auch der ehemalige Gemeindedirektor Erwin Schmitz und das langjährige Ratsmitglied Hans Bernd Kraus dem Zirkel an. Die Initiative hat auf der Großen Straße, Hausnummer 33, eine Anlaufstelle geschaffen, wo sich Bürger über das Vorhaben ab Anfang Dezember erkundigen können.

Mit ein Grund für die negative Entwicklung im Gemeindezentrum ist nach Ansicht von Heinz Nielen ihr mittlerweile miserables Erscheinungsbild. "Der schlechte Zustand von Gebäuden, selbst von einigen, die unter Denkmalschutz stehen, sorgt dafür, dass die Straße weit unter ihren Möglichkeiten bleibt und Leute abschreckt. Auch eine Vermietung ist deshalb nur schwer möglich", sagt der 66-Jährige. Van Erp sieht dies ebenso. Für ihn sind auch einige Bausünden im Ortskern begangen worden, die man nur schwer, meistens aber gar nicht mehr, ausbügeln kann. "In Kranenburg gilt ebenso wie anderswo, dass nach dem Krieg mehr kaputt gemacht worden ist als während des Kriegs", sagt van Erp. Ein Beispiel, was aus seiner Sicht nicht gelungen ist, sei die Pflasterung der Hauptstraße. Das verlegte Klinkerpflaster passe nicht, so der Architekt.

Die Situation des Kranenburger Zentrums unterscheidet sich nicht wesentlich von der anderer Kommunen: mehr Geschäftsschließungen und weniger Leben. "Das lasse ich als Argument nicht gelten. Deshalb zu sagen, 'da können wir eben nichts machen', ist der falsche Weg", sagt Nielen. Abgesehen von einigen stabilen und alteingesessenen Geschäften unterliege die wirtschaftliche Situation auf der Straße erheblichen Schwankungen, so der Kranenburger. Die jetzt im Rat beschlossene neue Verkehrsregelung, für den Ortskern, die unechte Einbahnstraße (die RP berichtete), sei überfällig gewesen. "Doch ob das den gewünschten Erfolg bringt, muss man abwarten. Fest steht, wenn sich die Aufenthaltsqualität der Straße nicht erheblich verbessert, wird sich an der Situation nichts ändern", prophezeit Nielen. Wer durch das Kranenburger Zentrum fährt, mit dem Ziel schnell weg zu kommen, der verschlechtert die Situation im Ortskern.

Dabei hat die Grenzgemeinde einen großen Vorteil gegenüber Kommunen ähnlicher Größe. Nach Kranenburg kommen Menschen und zwar viele. Die Geschäfte im Einkaufszentrum am "Großen Haag" erzielen rekordverdächtige Umsätze. So etwa der dm-Markt, der seine 670 Quadratmeter Verkaufsfläche jetzt um 92 Quadratmeter erhöht. Wie das Unternehmen auf Anfrage mitteilte, gehört die Kranenburger Filiale zu den umsatzstärksten in NRW. Ob die Niederlassung sogar die mit dem größten Absatz ist, wollte dm nicht preisgeben.

"Es muss uns gelingen, die Kunden des Einkaufszentrums auch für den Ortskern zu gewinnen", sagt Nielen. Ein Versuch der Gemeinde dieses Vorhaben umzusetzen ist, drei angekaufte Häuser, die zwischen Großen Haag und Innenstadt liegen, abzureißen und eine bessere Anbindung herzustellen. Architekt Hubert van Erp mahnt hier, sensibel zu planen: "Ein großer Klotz passt dort sicher nicht hin."

Doch will der Initiativkreis nicht erklären, was alles nicht geht, sondern Ideen sammeln und etwas bewegen. Dazu hat man für alle Bürger, denen das Herz Kranenburgs etwas bedeutet, das Büro eingerichtet. Nielen und seine Männer wollen mehr sein als ein paar betagte Seelen mit Geschichten aus besseren Zeiten.

(RP)
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