Kleve Die "unbequemen" Denkmäler von Kleve

Kleve · Am Tag des offenen Denkmals am 8. September können Interessierte an einer Tour "Jenseits des Guten und Schönen" teilnehmen. Führungen gibt es auch durch die Kirchen in Materborn und Kellen.

 Die alte St-Anna-Kirche in Materborn, die heute wieder als Pfarrkirche genutzt wird. Ihre Geschichte erläutert an dem Tag Wilhelm Ost.

Die alte St-Anna-Kirche in Materborn, die heute wieder als Pfarrkirche genutzt wird. Ihre Geschichte erläutert an dem Tag Wilhelm Ost.

Foto: Privat

In ganz Europa bewegt der Tag des offenen Denkmals jährlich 20 Millionen Teilnehmer. Wie viele davon Kleve besuchen, ist nicht bekannt. Lohnen wird sich die Teilnahme am Sonntag, 8. September, auf jeden Fall. Denn die Organisatoren haben unter dem Motto: "Jenseits des Guten und Schönen: Unbequeme Denkmale?" ein interessantes Programm zusammengestellt, das die Brücke von der Vergangenheit in die Gegenwart schlägt.

 Das Eingangs-Portal der alten Willibrord-Kirche in Kellen.

Das Eingangs-Portal der alten Willibrord-Kirche in Kellen.

Foto: NN

Los geht es um 11 Uhr, wenn Martin Verhoeven von der Unteren Denkmalbehörde den Tag um 11 Uhr im Audimax der Hochschule Rhein-Waal mit einem Vortrag eröffnet. Sein Thema lautet: "Die Untere Denkmalbehörde: Eine unbequeme Behörde oder Dienstleister für Denkmaleigentümer?". Anschließend stellt Edmund Verbeet dort sein unter Denkmalschutz gestelltes Haus in Rindern vor.

Von 12.30 bis 13.45 Uhr geht es mit der Historikerin und Klever Stadtführerin Helga Ullrich-Scheyda auf einen Rundgang um die Hochschule Rhein-Waal. Die Führung steht unter der Motto: "Vom Hafen zur Hochschule – ein unbequemes Denkmal erwacht zu neuem Leben". Treffpunkt für die 75-minütige Tour ist ebenfalls der Audimax der Hochschule. "Das heutige Hochschule-Gelände ist ein gutes Beispiel dafür, wie unbequeme Denkmäler plötzlich verschwinden oder umgewandelt werden", sagt Ullrich-Scheyda. Der Hafen gebe 160 Jahre industrielle Entwicklung in Kleve wieder, so die Stadtführerin. Viele Denkmäler seien allerdings schon wieder verschwunden, weil der wirtschaftliche Nutzen nicht mehr gegeben war. "Im Nachhinein hat man dann erkannt, dass manche Entscheidung doch sehr leichtfertig war", betont Ullrich-Scheyda. So seien der Getreidespeicher und der Kran durch Nachbauten ersetzt worden. "Damit hat man Spuren der Vergangenheit ausgelöscht", sagt die Historikerin.

Der nächste Programmpunkt ist eine Führung mit Pfarrer Oskar Grewen. Er zeigt den Teilnehmern die kleine evangelische Kirche an der Böllenstege. Die Führung dauert eine Stunde. Die im Jahr 1621 auf den Namen Trinitatiskirche eingeweihte Kirche wird seit Jahrzehnten im Volksmund die Kleine Kirche genannt. In dem umgebauten Gotteshaus finden zahlreiche kulturelle Veranstaltungen statt.

Wilhelm Ost kennt sich bestens mit der St.-Anna-Kirche in Materborn aus. Der Vorsitzende des Förderkreises "Pfarrkirche St.-Anna-Materborn" erläutert den Besuchern, wie sich das Gotteshaus im Laufe der Zeit gewandelt und verschiedene Nutzungen erfahren hat. Die einstündige Führung beginnt um 15.15 Uhr.

Jürgen Bleisteiner und Wolfgang Dahms nehmen die Gäste mit auf eine Tour von der alten zur neuen Willibrord-Kirche in Kellen. Beide schlagen in ihren Vorträgen den Bogen vom 19. zum 20. Jahrhundert – vom bäuerlichen Kellen bis zur Industrialisierung. In der alten Willibrord-Kirche sehen die Teilnehmer eine Ausstellung mit Kunstwerken und einer Fotodokumentation von Waldemar Kuhn. Diese Tour dauert von 15.15 bis 17 Uhr und startet an der alten Kirche. "Beide Kirchen kann man durchaus als unbequeme Denkmäler bezeichnen", erläutert Bleisteiner. So sei die alte Kirche Ende des 20. Jahrhunderts für die zahlenmäßig explodierende Bevölkerung von Kellen zu klein geworden. "Da musste man teilweise in die Unterstadt ausweichen. Das war unbequem", sagt Bleisteiner. Auch die neue Kirche sei aufgrund ihrer Bauart damals für viele unbequem gewesen. "Sie war als Industriegebäude verschrieen", erzählt Dahms.

(RP)
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