Kleve Die Welt von Gauß und Humboldt

Kleve · Burghofbühne Dinslaken mit der Inszenierung des Bestsellers von Kehlmann.

Was ist Wissenschaft? Wie sehen Menschen der Gegenwart große Entdecker- und Forscherpersönlichkeiten? Sind Erinnerungen historische Fakten oder eine Sache der Persönlichkeit? Diese und andere Fragen warf die Theaterinszenierung des 2005 erschienenen Bestseller-Romans "Die Vermessung der Welt" von Daniel Kehlmann auf. Die Burghofbühne Dinslaken brachte das Stück in der Bühnenfassung von Dirk Engler auf die Bühne der Klever Stadthalle. Es war das letzte Stück der Saison.

Der Geograph und Naturforscher Alexander von Humboldt und sein Zeitgenosse Carl Friedrich Gauß, genialer Mathematiker, Astronom und Physiker, sind die Protagonisten der Geschichte. Wie in der Romanvorlage war auch die Darstellung auf der Theaterbühne geprägt von vielen witzigen Momenten, besonders wenn es um die wissenschaftlichen Leistungen der beiden ging. Nach dem minutenlangen Herbeten der sogenannten Gaußschen Osterformel, die Matze Vogel als Darsteller des berühmten Arithmetikers vortrug, applaudierte das Publikum spontan und mit einem befreiten Lachen.

Immer häufiger dominierten Augenblicke der Komik die Aufführung, so auch bei der legendären Besteigung des Chimborazo in Ecuador, der höchste Berg der damals bekannten Welt, durch Alexander von Humboldt. Die Schauspieler nutzten dafür das Bühnenbild, in dessen Zentrum eine große, treppenförmige Schräge stand. Alles spielte sich auf dieser Schräge ab, auch ein Symbol dafür, dass Wissenschaft eine Gratwanderung und ein Wagnis ist. Markus Penne als Humboldt akzentuierte wiederholt Floskeln wie "Mein lieber Gauss" ohne inhaltlich fortzufahren.

Dies zeigte anschaulich, dass berühmte Wissenschaftler nach vielen Jahren oft auf Namen und Formeln reduziert werden. Im Kontrast dazu zeigte sich Gauß überaus menschlich und mit vielen Schwächen. Als seine Kinder geboren wurden, hatte der Astronom immer nur "den Kopf in den Sternen" und verpasste regelmäßig die Geburten. Schwermütig grübelte er darüber nach, dass persönliche Erinnerungen eigentlich "undatiert" seien, und nur mit Glück bekäme man sie in die richtige Reihenfolge.

Diese undatierten Erinnerungen zogen sich wie ein roter Faden durch das Stück und regten das Publikum in der nur zur Hälfte besetzten Stadthalle zum Nachdenken an. Wie auch die literarische Vorlage sprang die Handlung Hin und Her und befolgte keine historische Chronologie. Begegnungen mit Dichterfürst Goethe und dem Philosophen Kant gerieten zu gelungenen komödiantischen Einlagen.

Dass Wissenschaft auch Abenteuer, Aufbruch und eine spannende Reise sein kann, wurde deutlich im Hit von Tom Petty "Into the Great Wide Open", das die Akteure, begleitet von Bühnenmusiker Jan Exner, immer wieder zum Vortrag brachten und musikalisches Leitmotiv der Vorstellung wurde. Applaus für das Stück.

(RP)
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