Kranenburg Die Wunden der Windkraft

Kranenburg · Im Ausschuss der Gemeinde Kranenburg wird am Donnerstag das Thema "Windkraft im Reichswald" behandelt. Es geht um Stellungnahmen von Bürgern und Behörden zu den Plänen.

Termine für den späteren Donnerstagabend sollten sich die Mitglieder des Kranenburger Planungs- und Umweltausschusses nicht machen. Um 18 Uhr beginnt die Sitzung. Zu der gibt es beachtliche 1233 Seiten Vorlagen. Der Grund: Es geht erneut um den äußerst umstrittenen Bau von zwölf Windkraftanlagen im Reichswald. In der Sitzung werden die Äußerungen von Bürgern und Trägern öffentlicher Belange, wie Behörden oder Naturschutzverbände, gehört. Insgesamt sind 171 Stellungnahmen zu der Änderung des Flächennutzungsplans für die Errichtung von Windkraftanalgen im Wald bei der Gemeinde eingetroffen. In den meisten geht es nur um eins: Das Projekt soll verhindert werden. Nach Ansicht der Verwaltung ist kein Einwand dabei, der den Bau gefährden kann.

Unter den Eingaben sind auch die Standpunkte umliegender Kommunen. Die stehen dem Projekt nahezu alle negativ gegenüber. Doch haben die Städte und Gemeinden kein Veto-Recht, um die Kranenburger Planungen zu verhindern.

So lassen etwa die Meinung die Ausführungen der Stadt Goch keinen Interpretationsspielraum zu: Die Windkraftanlagen würden mit einer jeweiligen Gesamthöhe von 200 Meter zu optischen Beeinträchtigungen führen. Die hervorgerufene "Unmaßstäblichkeit" gegenüber historisch gewachsenen Landschaftselementen wie der dörflichen Silhouette des Ortsteils Kessel sei absolut negativ zu bewerten. Die Windkraftanlagen seien daher an der geplanten Stelle abzulehnen, so die Gocher Verwaltung. Dabei wollten sich die Stadtwerke der Weberstadt ursprünglich an dem Projekt beteiligen. Ein Grund für die negative Haltung der Gocher ist das Thema Trinkwasser. Die öffentliche Trinkwasserversorgung liegt im Fördereinzugsgebiet "Goch-Scheidal", wo die Anlagen geplant sind. Man hat Sorge vor Verunreinigungen der Grundwasserbrunnen.

Ein Problem für den Projektentwickler Abo Wind ist: Auch der Kreis Kleve hat als Genehmigungsbehörde einige Einwände, die er noch geprüft haben will. Zwischen den Zeilen der Stellungnahme ist herauszulesen, dass die Untere Landschaftsbehörde, also der Kreis, dem Vorhaben, vorsichtig formuliert, eher kritisch gegenübersteht.

Ein entscheidender Punkt, der das Projekt stoppen könnte, ist das Thema Landschaftsplan. Das Vorhaben widerspricht nämlich dem aktuell gültigen Landschaftsplan. Wenn der Kreis diesen nicht ändert oder eine Befreiung dafür erteilt, ist das Projekt beendet und Archivräume werden gefüllt.

Im Landschaftsplan steht unter anderem, das bauliche Anlagen im Reichswald nicht zulässig sind, da der Erholungswert und der Erhalt der Natur, als auch das Landschaftsbild, im Vordergrund stehen. Angesichts der riesigen Flächen, die abgeholzt werden müssten und der über 200 Meter hohen Anlagen, die dort geplant sind, ist ein erheblicher Eingriff in die Natur zweifellos vorhanden. Für jede der zwölf vorgesehenen Windkraftanlagen muss die Forstfläche eines Fußballfeldes weichen. Hinzu kämen noch die Anfahrtswege.

Zu einem späteren Zeitpunkt des Verfahrens wird der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) ebenfalls noch eine Stellungnahme abgeben. Den Fachleuchten der Organisation liegt das natur- und artenschutzrechtliche Gutachten bislang noch nicht vor.

Am Donnerstag werden wieder einige Gegner des Baus der Windkraftanlagen die Sitzung im Ratssaal verfolgen. Angeführt wird der Protest von der Bürgerinitiative "Gegenwind im Reichswald". Hannah van der Valk, eine Sprecherin der Anlagengegner, betont jedoch, dass keine größere Aktion geplant sei. Die will man sich für die Ratssitzung am Donnerstag, 3. März, 18 Uhr, aufheben.

Wenn die Ausschussmitglieder bis übermorgen die 1233 Seiten durchgearbeitet haben, so nötigt einem das größten Respekt ab. Doch gibt es erste Stimmen aus der Politik, die den Tagesordnungspunkt lieber in vier Wochen auf einer Sondersitzung beraten würden.

(jan)
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