Kleverland Die Zeitung der "Stunde Null"

Kleverland · Zum Kriegsende wurde eine Sonder-Ausgabe im britischen Besatzungsbereich verteilt. Mühsamer Start nach Rückkehr in die Heimat.

Diese "Mitteilungen" vom 9. Mai 1945 - hier im Bild die obere Hälfte der Titelseite - dürften eine historische Rarität sein. In Europa schweigen die Waffen. Der britische König und sein Premier danken ihren Landsleuten für den jahrelangen, letztlich aber mit dem Sieg belohnten Einsatz. Die geschlagenen Deutschen blicken mit Sorgen in die Zukunft, ihnen fehlt es vor allem in den hart umkämpften Gebieten - somit auch weithin im Altkreis Kleve - am Nötigsten. Doch wie kam jemand damals an ein derartiges Blatt?

Da muss man etwas aus dem eigenen Nähkästchen plaudern. Schon zehn Tage vor dem endgültigen Kriegsende, am 29. April 1945 legten die Engländer in der Gemeinde Kranenburg den Grundstein für eine neue demokratische Verwaltung. Sie stellten dem ernannten Bürgermeister Leo Tepas aus Kleve ein paar vertrauenswürdige Männer zur Seite.

Die ersten Bürger waren am Karfreitag 30. März aus der Evakuierung in das am 8. Februar eroberte Heimatstädtchen zurückgekommen. An diesem Tag hatten die westlichen Alliierten mit dem Eltenberg die letzte deutsche Bastion eingenommen. Damit war der Kreis Kleve für die sich zurückziehende deutsche Artillerie nicht mehr erreichbar.

Das Rathaus erhielt seine notwendigen Anweisungen von der englischen Kreiskommandantur, die sich in Bedburg-Hau im Hauptgebäude der heutigen Landesklinik einquartiert hatte. Die ersten Schulen öffneten erst im Herbst 1945 wieder ihre Tore. Als 14-Jähriger hatte man weiterhin ausgiebig "Ferien", und so pendelte man nahezu zwei Monate als Kurier zwischen der Grenzgemeinde und der Besatzungsbehörde hin und her.

Die Amtsverwaltung stellte dafür ein Fahrrad zur Verfügung. Damit fuhr man über teils schlechte Wege an vielen Trümmern in Kleve vorbei - so am 9. Mai 1945 auch am Hotel Robbers, das am Tag zuvor für ein Freudenfeuer herhalten musste - zur Besatzungsbehörde, tauschte die Briefe und bekam ein Dutzend Exemplare der von den Engländern edierten Wochenzeitung "Die Mitteilungen". Ein Exemplar wurde mit nach Hause genommen.

Inhaltlich brachten die Zeitungen Berichte und Bilder von den damaligen Ereignissen, die in diesen Tagen von den Medien aufgegriffen werden. Was jedoch fehlte aber Nachrichten aus dem lokalen Umfeld. Auch in Kranenburg begannen bereits sechs Wochen vor dem offiziellen Kriegsende die Menschen damit, ihre Häuser wieder zumindest provisorisch bewohnbar zu machen oder aufzubauen. Diese schwierige Arbeit - es fehlte an Lebensnotwendigem wie an Baumaterialien - ist weithin vergessen.

Zu den ersten Kranenburger Heimkehrern gehörte der Bäckermeister Franz van der Grinten mit Frau und Sohn (zwei kleine Töchter waren im Lager Bedburg gestorben), die zunächst in den Mühlenturm einzogen, weil ihr Haus zerstört war. Gebacken wurde ohne Salz - denn das war in den Tagen nach dem Ende des 2. Weltkriegs nicht zu haben.

(RP)
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