Kleve Drei Erstsemester erzählen von Kleve

Kleve · Junge Abiturienten verlassen ihre Heimat und ziehen zum Studieren in die Welt hinaus: Einige von ihnen kommen mittlerweile auch in die Kreisstadt. Und fühlen sich wohl in der familiären Atmosphäre am Campus und in der Stadt.

 Die drei Erstsemester Maryam Khoshoei Ortiz, Lukas Schiffers und Paola Teubner (von links) an der Hochschule in Kleve.

Die drei Erstsemester Maryam Khoshoei Ortiz, Lukas Schiffers und Paola Teubner (von links) an der Hochschule in Kleve.

Foto: Gottfried Evers

Im Mai war Maryam Khoshoei Ortiz, das erste Mal in Kleve. Ihr erster Eindruck? "Ziemlich ruhig, viele ältere Leute, aber ganz schön", lautete damals das Urteil der 20-Jährigen. Sie schrieb sich für den Studiengang "gender and diversity" ein. Das Studienangebot auf Englisch war für sie ein Pluspunkt: Denn Maryam hat einen multikulturellen Hintergrund: Ihre Mutter kommt aus Kolumbien, ihr Vater aus dem Iran. Geboren wurde Maryam in England . Mit drei Jahren ist sie nach Deutschland gekommen. Auch wenn sie fließend deutsch spricht, fällt ihr das Schreiben auf Englisch leichter.

Je näher der Umzug nach Kleve rückte, desto mehr Gedanken machte sich die junge Studentin: "Am Anfang war ich ziemlich nervös, ich kannte gar keinen." Doch als sich die Semesterferien dem Ende näherten, war es mit der anfangs gefürchteten Ruhe in Kleve schnell vorbei. "Die Leute sind echt nett hier", sagt sie. "Die Stadt ist ziemlich klein, da trifft man immer wen. Mir wurde anfangs erzählt, dass ich hier nicht mal eben unbeobachtet in Jogginghose vor die Tür kann", erzählt die Zwanzigjährige und lacht. Die Studentin fühlt sich wohl in ihrer neuen Heimatstadt und hat schnell Fuß gefasst: Immer wieder grüßt sie andere Studenten auf dem Campus - meist auf englisch. "Hier treffen Studenten aus unterschiedlichsten Kulturen zusammen", sagt sie, "in Kleve habe ich schon Leute kennengelernt, die von der kleinsten Insel in der Karibik kommen." Auch wenn das Nachtleben in Kleve nicht sehr ausgeprägt sei, finde Sozialleben unter den Studenten immer statt. Und das liegt nicht nur daran, dass Maryam in ein Studentenhaus gezogen ist, in dem sie 13 Mitbewohner hat. Abends kochen sie zusammen; die Studenten treffen sich auf Hauspartys oder sitzen gemütlich in einer WG.

"Wenn man aus einem Dorf kommt, ist Kleve genau richtig", sagt Lukas Schiffers. Der 19-Jähriger studiert Bio-Engineering im ersten Semester und ist aus einem kleinen Ort in der Nähe von Jüchen hergezogen. Die modernen Laboratorien der Hochschule in Kleve haben ihn besonders gereizt, ebenso das Studieren auf Englisch. Auch mit seinen Kommilitonen spricht er meistens deutsch oder englisch. "Es war anfangs etwas ungewohnt, alleine zu leben", sagt Lukas. Das Einkaufen ist für ihn kein großes Hindernis, denn in Kleve findet er alles, was er braucht. "Das reicht vollkommen", sagt er. Auch mit den Freizeitangeboten ist Lukas zufrieden: "Viele Sportmöglichkeiten werden von der Hochschule angeboten. Joggen und Fahrradfahren geht eh immer", sagt er. Ein Nachtleben mit Clubs und Diskotheken vermisst er nicht. "Ich gehe lieber in Bars etwas trinken."

Bewusst hat Paola Teubner Diaz sich bei ihrem Studienort gegen eine Großstadt entschieden: "Da verliert man sich, der Einzelne ist unsichtbar", sagt sie. "In Kleve habe ich das Gefühl, alle Studenten zu kennen, es hat etwas Familiäres", erzählt die 22-Jährige. Geboren wurde sie in Kolumbien und hat lange Zeit bei ihrem Vater in Hamburg gelebt.

Nun studiert sie in Kleve International Relations im ersten Semester: In ihre neue Heimat zog sie einen Monat vor Studienbeginn. Es war an einem warmen Sonntag: "Als ich an kam, war hier Totenstille", erinnert sich die Studentin und dachte sich: "Okay, das wird schon noch ganz witzig werden."

Am nächsten Tag ging sie dann auf Erkundungstour. Sie besuchte das Koekkoek-Haus und lief die Fußgängerzone rauf und runter. Anfangs hatte Paola noch nicht viele Bekanntschaften. Zu Hause wurde ihr schnell langweilig und so machte sie sich daran, die Stadt als Tourist zu entdecken: "Ich habe einfach gegoogelt, was man gesehen haben muss", sagt die 22-Jährige. "Es war anfangs schon etwas gewöhnungsbedürftig, dass die Stadt so klein ist", gesteht sie. "Aber wenn man genau hinguckt, kann man so vieles entdecken. Kleine Galerien und tolle Cafés. Generell gibt es hier viel Kultur, Kunst und Theater, man muss nur suchen, dann findet man es." Dass es kein richtiges Nachtleben gibt, hat aus ihrer Sicht durchaus Vor- und Nachteile.

"Ein bisschen doof ist es schon, wenn man in der Woche Lust hat, was trinken zu gehen und die meisten Kneipen schon um 10 Uhr schließen", sagt sie. "Andererseits gibt es dann auch weniger Ablenkung und man kann sich mehr auf die Uni konzentrieren." Dass sie ihr Großstadtleben eingetauscht hat, hat Paola bisher nicht bereut. "Nur sonntags ein bisschen", sagt sie und lacht.

(ubg)
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