Kreis Kleve Eigentümer können Jagd verbieten lassen

Kreis Kleve · Nach einer Gesetzesänderung können Grundstückseigentümer ihren Besitz aus ethischen Gründen "befrieden". Beim Kreis Kleve liegen bereits drei Anträge vor. Jäger befürchten, Seuchen- und Wildschadensprävention würden erschwert.

 Aus ethischen Gründen können Grundstückseigentümer beantragen, die Jagd auf ihrem Grund und Boden zu untersagen.

Aus ethischen Gründen können Grundstückseigentümer beantragen, die Jagd auf ihrem Grund und Boden zu untersagen.

Foto: Wildtierschutz Deutschland / Brennglas Verlag

Da die Zahl der Hasen und Fasane in den Jagdrevieren im Kreis Kleve — wie in ganz NRW — in den vergangenen Jahren dramatisch zurückgegangen ist, werden derzeit schon zahlreiche Treibjagden abgesagt. Künftig könnten die Waidleute bei der Niederwildjagd aber noch an Grenzen ganz anderer Art stoßen. Nach einer Änderung des Bundesjagdgesetzes, die am 6. Dezember in Kraft getreten ist, können Grundstückseigentümer bei der unteren Jagdbehörde beim Kreis Kleve aus ethischen Gründen einen Antrag stellen, dass auf ihrem Land nicht mehr gejagt werden darf. Bei der Kreisverwaltung sind bereits drei entsprechende Anträge laut Angaben der Kreissprecherin Ruth Keuken eingegangen — zwei aus Issum, einer aus Geldern. Zudem habe es eine Reihe telefonischer Anfragen zu dem Thema gegeben.

Die Änderung des Bundesjagdgesetzes war aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) nötig geworden. Der EGMR hatte im Juni 2012 entschieden, dass Grundstückseigentümer die Jagd auf ihrem Gelände nicht uneingeschränkt hinnehmen müssen, sofern sie diese aus Gewissensgründen ablehnen. Bislang waren Grundstückseigentümer, deren Besitz außerhalb von befriedeten Bereichen liegt, in denen die Jagd untersagt ist, "Zwangsmitglieder" einer Jagdgenossenschaft. Das bedeutete, dass ihr Besitz — unabhängig von dessen Größe — bejagt werden durfte.

Anträge aufgrund des geänderten Gesetzes können nur Einzelpersonen stellen — Verbände nicht. Die untere Jagdbehörde muss nicht nur prüfen, ob dem schriftlich zu verfassenden Antrag tatsächlich Gewissensgründe zugrunde liegen, sondern sie muss auch andere Betroffene wie Nachbarn, Jäger oder Landwirte dazu anhören.

Auch wenn es noch keine Erfahrung mit der Prüfung der Anträge gibt, meint Kreissprecherin Ruth Keuken: "Das Verfahren wird sehr umfangreich sein. Wir rechnen mit Bearbeitungszeiten von einigen Monaten. Da die ethischen Gründe glaubhaft sein müssen, können es immer nur Einzelfallentscheidungen sein. Nach einer Entscheidung steht zudem der Klageweg offen."

"Es besteht die Gefahr, dass in den Revieren ein Flickenteppich von bejagbaren und nicht-bejagbaren Gebieten entsteht", befürchtet Gerhard Thomas von der Kreisjägerschaft in Kleve. Dies könne die Seuchen- und Wildschadenprävention sowie den Artenschutz erheblich erschweren.

Zudem gibt es nach seiner Ansicht noch zahlreiche offene Fragen, wie das Gesetz konkret umgesetzt werde. Müssen auf Antrag befriedete Gebiete vom Eigentümer markiert werden? Wann ist das unbeabsichtigte Überjagen mit Hunden zu gestatten? Thomas vermutet: "Es wird wohl nicht lange dauern, bis es erste Prozesse gibt." Der Vorsitzende der Kreisjägerschaft Kleve sieht aber keinen Grund zur Panik. Er meint: "In unserem ländlichen Raum werden es sicher nicht die Eigentümer großer Flächen sein, die einen Antrag auf Befriedung stellen."

Für den Deutschen Tierschutzbund ist die Änderung des Jagdgesetzes ein "wichtiger Schritt", die Zwangsbejagung zu beenden. Der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, sagt aber auch: "Den Grundeigentümern werden auch mit der Gesetzesänderung unverhältnismäßig hohe Hürden gesetzt. Wir halten die Umsetzung des vom EMRG zugebilligten Rechtes für unzureichend."

"Begrüßt" wird die Änderung des Jagdgesetzes ebenfalls von der Nabu-Station in Kranenburg. "Dass jeder Grundstückeigentümer nun selbst entscheiden kann, ob auf seinen Flächen gejagt werden darf oder nicht, das finden wir gut", meint Johann Thissen von der Nabu in Kranenburg. Zugleich gesteht der Nabu-Mitarbeiter zu, dass eine Befriedung durchaus auch Nachteile mit sich bringen könnte. Der Biologe sagt aber: "Das muss bei der Prüfung und eventuellen Genehmigung des Antrages mit beachtet werden." Einen Aufruf, entsprechende Anträge beim Kreis Kleve zu stellen, will die Nabu an Grundstückeigentümer nicht richten.

(RP)
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