Ein Asylbewerber in Kalkar "Ich will endlich ein normales Leben führen"

Kalkar · Eine neue Sprache lernen, arbeiten dürfen und in Deutschland endlich "ankommen": Das sind die Herausforderungen, denen sich junge Asylbewerber nach ihrer Flucht aus ihrem Heimatland in Deutschland stellen müssen. Muhammad Alamin gibt die Hoffnung auf ein normales Leben in seiner neuen Heimat Kalkar nicht auf.

Muhammad Alamin stammt aus Bangladesch und ist seit über einem Jahr in Deutschland. Er hofft darauf, hier eine neue Heimat zu finden.

Muhammad Alamin stammt aus Bangladesch und ist seit über einem Jahr in Deutschland. Er hofft darauf, hier eine neue Heimat zu finden.

Foto: Sabine Kricke

Muhammad Alamin war bei seiner Flucht aus Bangladesch 23 Jahre alt. Für den Weg von seinem Heimatland in Südasien nach Europa brauchte der junge Mann drei Monate. In Ungarn nahm man ihn fest. Nachdem Schmiergeld geflossen war, konnte er weiter nach Deutschland reisen, erzählt der junge Mann. Jetzt wartet er in einem Asylbewerberheim in Kalkar auf den Bescheid des Amtes, ob er bleiben darf oder nicht. Aus seiner Heimat blieb Alamin nur das, was nicht mehr zu Geld gemacht werden konnte: keine Erinnerungen, keine persönlichen Gegenstände — nur die Kleidung, die er trägt.

Bald gibt es keinen Platz mehr im Heim

Wie viele andere junge Männer, die im Asylbewerberheim in Kalkar leben, musste Alamin sein Heimatland verlassen. Christen und andere Minderheiten werden im vom Islam geprägten Bangladesch verfolgt. "Wäre ich dort geblieben, dann hätten sie mich getötet", erzählt der 25-Jährige. Nachdem er mehrere Monate in einem Asylbewerberheim in Duisburg untergebracht war, lebt Alamin nun mit 25 anderen männlichen Flüchtlingen in einem noch nicht fertig gestellten Neubau in Kalkar. Die Zimmer sind meist doppelt belegt, nur wer starke psychische Probleme hat, darf alleine schlafen.

 Van der Linden verschenkt häufig Fahrräder an die jungen Männer.

Van der Linden verschenkt häufig Fahrräder an die jungen Männer.

Foto: Sabine Kricke

Stefan Urselmans, der stellvertretende Fachbereichsleiter für Bürgerdienste in Kalkar, geht davon aus, dass auch dieses Asylbewerberheim bald vollständig belegt sein wird: "Jede Woche kommen ein bis zwei neue Flüchtlinge, wenn das so weiter geht, haben wir Ende des Monats keinen Platz mehr", sagt Urselmans.

Alamin möchte ohnehin so schnell wie möglich aus dem Heim raus. "Ich will endlich ein normales Leben führen und arbeiten", sagt der 25-Jährige. Diesem Wunsch stehen aber noch viele Hürden entgegen. Die Größte ist dabei vermutlich seine fehlenden Sprachkenntnisse. Darüber ist sich der Bangladescher jedoch bewusst. "Ich muss Deutsch lernen, wenn ich hier bleiben möchte". Von den über die Familienbildungsstätte Kalkar angebotenen Deutsch-Kursen hält er jedoch nicht viel. "Wir lernen dort nur wie man unseren Namen sagt und wo wir herkommen, das bringt uns im Alltag kaum etwas", sagt Alamin. Um trotzdem seine Deutschkenntnisse zu verbessern, hatte sich der junge Mann bei einem Intensiv-Deutsch-Kurs an der Volkshochschule in Kleve angemeldet. Die Kosten dafür muss er allerdings selbst tragen.

"Warum darf ich nicht arbeiten?"

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Foto: dpa, jst fdt

Um nicht sinnfrei seine Zeit abzusitzen, nimmt Alamin, wie viele andere der Asylbewerber, hin und wieder "Ein-Euro- Jobs" an. Als er endlich eine Anstellung als Küchenhilfe in einer Pizzeria in Aussicht hatte, versagte ihm das Asylamt die Arbeitserlaubnis mit der Begründung, dass deutsche (bevorrechtigte) Arbeitnehmer für diesen Job zur Verfügung stünden. Das versteht Alamin nicht: "Wenn ich doch die Zusage von dem Chef bekomme, arbeiten will und sich kein Deutscher bei ihm beworben hat, warum darf ich nicht arbeiten?", fragt er.

Für solche und ähnliche Fragen der Asylbewerber steht meist der Hausmeister des Heims, Johannes van der Linden, zur Verfügung. Einen Sicherheitsdienst gibt es im Asylbewerberheim in Kalkar nicht. Van der Linden besucht die jungen Männer ein Mal am Tag und hat auch bei persönlichen Anliegen ein offenes Ohr für die Bewohner. "Ich habe zu vielen einen guten Kontakt. Manchmal übermannt einen auch mal das Mitleid, viele von den Jungs haben einiges mitgemacht im Leben", erzählt er. Damit die jungen Männer mobiler sind, verschenkt van der Linden oft Fahrräder an die Heimbewohner.

Alamin träumt jedoch von einem Motorroller. Um damit zum Deutsch-Kurs der Volkshochschule fahren zu können. Der letzte Bus fährt nämlich zu früh.

(skr)
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