Kleve-Reichswalde Eine Klever Grooooooooßfamilie

Kleve-Reichswalde · Familie Voß hat nur einen Wunsch zu Weihnachten: Papa, Mama und acht Kinder wollen einmal das Meer sehen. Für ihren ersten Urlaub wird jeder Cent gebraucht. Ihr Leben ist voller Herausforderungen - und erfüllt von Liebe.

 Thomas (vier Monate), Felix (19 Monate), Leonie (vier Jahre), Jaqueline (fünf Jahre), Janine (sieben Jahre), Nadine (acht Jahre), Florian (elf Jahre) und Jan (13 Jahre) mit den Eltern Thomas (45) und Manuela Voß (40) sowie Hund Gismo. An der Wohnzimmerwand steht, was allen am wichtigsten ist: Familie.

Thomas (vier Monate), Felix (19 Monate), Leonie (vier Jahre), Jaqueline (fünf Jahre), Janine (sieben Jahre), Nadine (acht Jahre), Florian (elf Jahre) und Jan (13 Jahre) mit den Eltern Thomas (45) und Manuela Voß (40) sowie Hund Gismo. An der Wohnzimmerwand steht, was allen am wichtigsten ist: Familie.

Foto: Van Markus van Offern

Im Wohnzimmer von Familie Voß hängt eine Uhr. Ihr kleiner Zeiger bewegt sich nicht von Zahl zu Zahl, sondern von Wort zu Wort - zwölf Mal. "Die Zeit, die man mit der Familie verbringt, ist jede Sekunde wert", steht an der Wand geschrieben. Thomas (vier Monate), Felix (19 Monate), Leonie (vier Jahre), Jaqueline (fünf Jahre) können die Wörter noch nicht lesen, denn sie sind noch nicht in der Schule. Aber genau wie ihre Geschwister Janine (sieben Jahre), Nadine (acht Jahre), Florian (elf Jahre) und Jan (13 Jahre) und ihre Eltern Thomas (45) und Manuela (40) wissen sie, was sie bedeuten. Denn Familie Voß lebt diesen Satz - jeden Tag.

Der beginnt im Hause Voß früh. Um 5 Uhr klingelt der Wecker für Mutter Manuela. Um 6 Uhr muss Säugling Thomas gefüttert werden. Dann bereitet sie das Frühstück für die anderen sieben Kinder zu, anschließend die Brote für Kita und Schule. Papa Thomas darf ein bisschen länger schlafen. Er bringt die Kinder zu Schule, bevor er um 11 Uhr seinen Dienst im Callcenter antritt. Um diese Zeit hat seine Frau Manuela schon staubgesaugt und geputzt, jetzt steht für sie die Zubereitung des Mittagessens an. Alle ihre acht Kinder seien "gute Esser" sagt sie. "Mamma kocht lecker", sagt ihr Sohn Florian. Nachmittags stehen für Manuela Voß meist Einkäufe an. Bis April dieses Jahres hat sie das mit dem Fahrrad und einem Anhänger erledigt, weil sie vorher keinen Führerschein besaß. Am Abend, wenn Vater Thomas von der Arbeit kommt, spielt er noch gerne mit den Kindern. Dann geht ein langer Tag langsam zu Ende.

Eine Minute für sich haben die Eltern dann oft nicht gehabt. "Das haben die Kinder aber auch nicht", sagt Thomas Voß. Deswegen wird auch niemand zum Spielen eingeladen. Seine Familie lebt in einer Doppelhaushälfte in Reichswalde. 130 Quadratmeter haben alle zusammen zur Verfügung. Das mag viel klingen, ist bei zehn Familienmitgliedern aber eher beengt. Jedes Kind teilt sich ein Zimmer mit einem Bruder oder einer Schwester. Manuela und Thomas Voß schlafen im Wohnzimmer, auf einer Couch. Ihre Eltern sind beide tot. Für eine Reinigungskraft oder einen Babysitter fehlt das Geld. Die Frage nach Hobbys erübrigt sich. Aber die achtfachen Eltern beklagen sich nicht. "Wir haben so viele Kinder gewollt, und wir bereuen kein einziges. Wir würden alles noch mal so machen", sagt er.

Dabei hat das Leben den beiden reichlich Herausforderungen beschert. Sie haben sie alle gemeistert. Manchmal gab es Hilfe. Als sich in ihrem baufälligen Haus in Griethausen der Schimmel ausbreitete und schnell eine andere Bleibe her musste, sprang Thomas Voß' Arbeitgeber Heinz Sack (telinform) ein und vermittelte die Doppelhaushälfte in Reichswalde.

Einige Schicksalsschläge musste die Familie ganz alleine bewältigen. Den Bandscheibenvorfall etwa, den sich Vater Thomas beim Umzug aus holte. Und den Krebs. Der wurde im November 2015 bei Thomas Voß festgestellt. "Da haben wir jeden Tag geweint. Das war ganz traurig", sagt sein Sohn Florian. Einige seiner Geschwister kommen da heute noch die Tränen. Jetzt ist der 45-Jährige wieder auf dem Weg der Besserung. Seine Arbeit hat er nie aufgebeben. Er sei seinem Chef dankbar, dass er es nicht musste. "Ich war ja lange krank", sagt er. Der Job - das ist, nach seiner Familie, das Wichtigste für den Familienvater. "So weiß ich auch, was ich entgegnen kann, wenn man uns beim Einkaufen zuraunt: ,Ihr lebt ja nur von Hartz 4 und Kindergeld'."

Stichwort Geld - das ist bei Familie Voß knapp. Deswegen war die Freude auch riesig, als es zur Geburt von Felix, dem siebten Kind, 500 Euro vom Bundespräsidenten gab. Von den Klever Stadtwerken kamen noch mal 500 Euro, und Bürgermeisterin Sonja Northing spendierte weitere 100 Euro. Das Geld soll denn Grundstock dafür bilden, dass sich die Familie ihren einzigen großen Weihnachtswunsch erfüllen kann: Ein Mal das Meer sehen. Familie Voß war noch nie im Urlaub. Im August soll es in den Ferienpark Duinrell an der holländischen Nordseeküste gehen. Wenn sich dann noch ein Vermieter fände, der ihr ein etwas größeres Haus anbietet, würde für Familie Voß ein großer Traum wahr werden.

Aber jetzt wird erstmal Weihnachten gefeiert. Im Wohnzimmer. Mit der großen Uhr an der einen Wand. Und einem weiteren Spruch an der Wand gegenüber: "Familie - wo das Leben seinen Anfang findet und die Liebe niemals endet."

(RP)
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