Kleverland Eine Lichtgestalt in dunkler Zeit

Kleverland · Die Wahlen in den USA, das türkische Präsidialreferendum, die Flüchtlingskrise, Brexit und der Zustand der Europäischen Union, Islamisten wie Populisten, nicht zuletzt der Terrorismus klopfen global an unser Wertebewusstsein.

Die RP gab der Erinnerung an den 50. Todestag von Konrad Adenauer den Titel "Großvater der Republik". Darin äußerten sich Respekt und Anerkennung für die Lebensleistung eines Mannes, der trotz vieler persönlicher Rückschläge (wiederholtes Berufsverbot, Haft, zweimal verwitwet, Unfall, Krankheit) in hohem Alter 14 Jahre als erster Bundeskanzler das zertrümmerte Deutschland wieder aus den Ruinen herausführte. Wer ihn persönlich erleben durfte, dem hat er sich ebenso unvergesslich ins Gedächtnis geschrieben wie der Münsteraner Bischof Clemens August Graf von Galen, dessen Firm- und Visitationsreise durch die westlichen Pfarren des Dekanates Kleve sich in diesen Tagen zum 75. Mal jährt. 1933 wurde er sozusagen bei der Neubesetzung des Bischofsstuhls in der westfälischen Metropole nach der Absage zweier Kandidaten anfangs als "dritte Wahl" betrachtet. Doch der Oberhirte der Diözese Münster gewann rasch an Ansehen , hatte er doch im Sommer 1941 in St. Lamberti seine bald weltweit verbreiteten berühmten Predigten gehalten, in denen er die Euthanasie, die Beschlagnahme von Klöstern und die Ausweisung von Ordensleuten durch die Nazis scharf kritisierte. Während er im Volk bald "Löwe von Münster" genannt wurde, diskutierte man in Berlin zwischen "Sofort aufhängen" und "Abrechnen nach dem Endsieg". Wie kein anderer deutscher Bischof trieb ihn das Gewissen, seine Stimme gegen dieses Unrecht zu erheben.. Papst Pius XII: berief ihn Ende 1945 ins Kardinalskollegium, eine persönliche Ehrung, die ansonsten bisher keinem Nachfolger auf dem Stuhl des hl. Ludgerus zuteilwurde. Der mit ihm zum Kardinal ernannte Kölner Erzbischof Josef Frings berichtete später: "Als der Löwe von Münster vor den Papst trat, klatschten alle". Neidlos und trocken fügte er hinzu: "Ich war kurz hinter ihm. Bei mir hat keiner geklatscht". Am 16. März 1946 wurde von Galen bei seinem Einzug in Münster begeistert empfangen. Sechs Tage später starb er plötzlich.

Zurück zum Firmtag: Zweimal kam der Berichtende mit Bischof Clemens August in Berührung, ohne seine Bedeutung schon zu kennen Am Vortag begleitete ich meinen Vetter Johannes Ingenbleek (1931-1988) nach Wyler. Er hatte auf dem von Pony "Mirza" gezogenen kleinen Pferdegespann Koffer und Reisetasche des Bischofs zum Pastorat in Frasselt zu bringen. Als der zwei Meter große Bischof in der Tür erschien, musste der Hüne seinen Kopf beugen, um sich nicht zu stoßen. Bei der Firmung am nächsten Nachmittag (die Nazis gewährten kein Unterrichtsfrei für diesen Gottesdienst) spielte man als Elfjähriger die Lieder und begab sich zum Empfang des Sakramentes über die 26 Stufen der Orgeltreppe durch das Mittelschiff ins Hochchor.

Das Bild zeigt den Bischof beim Auszug aus der Kirche mit langer Schleppe. Dieses äußere Zeichen der Bischofswürde hat längst ausgedient. Seltener geworden ist zudem der Schmuck am Wegrand (Fähnchen und Birken). Im Mittelpunkt steht heute die sakramentale Feier in der Kirche, alles läuft in bescheidenerem Rahmen ab.

Am 9. Oktober 2005 wurde Kardinal von Galen in Rom seliggesprochen. Als Teilnehmer am feierlichen Hochamt in der St.Peter-Kathedrale - Papst Benedikt XVI. würdigte kurz von Galens Bekennermut- wurde einem noch einmal die Größe dieses Bischofs bewusst, dessen tapferes Eintreten für Menschenrechte noch heute staunen lässt. Ein Vorbild, das Rom zur Ehre des Altares erhoben hat. Seither ist im Liturgiekalender des Bistums Münster der 22. März als besonderer Gedenktag für Clemens August Kardinal von Galen eingetragen. Gläubige Christen können ihn als Fürsprecher anrufen, eine Hilfe dabei bietet im neuen Gotteslob das dem "treuen Hirten in dunkler Zeit" gewidmete Lied Nr.877.

(RP)
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