Kleve Eine Ode an die Natur im Haus Koekkoek

Kleve · Botanische Zeichnungen und Aquarelle der Niederländerin Anita Walsmit Sachs im alten Künstlerpalais in der Klever City. Die Ausstellung wird am Sonntag um 11.30 Uhr von Ursula Geisselbrecht und Freddy Heinzel eröffnet.

 Das rötliche verfärbte Blatt einer Ligularia dentata - Desdemona ganz alleine im Bild.

Das rötliche verfärbte Blatt einer Ligularia dentata - Desdemona ganz alleine im Bild.

Foto: Gottfried Evers

Plastisch stehen die Blüten auf dem Blatt, ihre Farben leuchten. Kräftig, wo sie kräftig sein müssen und ganz zart, fast durchscheinend, wenn die Natur sie so geschaffen hat. Pilze zeigen ihre roten Hauben mit den weißen Pusteln, Tulpen ihre Pracht, Clematis rankt über die Bilder, Rosen verstecken ihre Stacheln unter sattgrünem Blattwerk. Rot, lila und gelb leuchten die Farben, grün die Stängel und Blätter. Der Hintergrund bleibt weiß. Neutral, zurückhaltend - denn alles soll sich auf die Blume konzentrieren, auf die Botanik. Und die ist mit wissenschaftlicher Akribie auf das Papier gemalt, mit der Genauigkeit des Botanikers. Denn die Bilder sollen nicht nur begeistern, sie sollen auch dem kritischen Blick des Botanikers oder Biologen standhalten, sie sollen ihn auch noch schulen. Kurz: Auf den Bildern vereinen sich Kunst dun Wissenschaft.

Die weiße Schlauchpflanze "frisst" Insekten.

Die weiße Schlauchpflanze "frisst" Insekten.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Anita Walsmit Sachs schuf die Blumenbilder, die das Klever B.C.- Koekkoek-Haus ab Sonntag in seinen Räumen zeigt. 60 Blätter der Niederländerin, die auch schon für das britische Königshaus Blumen im "Highgrove Florilegium of Prinz Charles" dokumentierte, zeigt das Museum in der oberen Etage. Aus diesem Folianten wird ein Druck zu sehen sein. Zudem lieh das Museum Kurhaus die wertvolle Barockschrift zu Fauna und Flora Brasiliens aus, die Georg Markgraf und Willem Piso zeichneten.

Die Ausstellung, die Sonntag um 11.30 Uhr eröffnet wird, ist wie für das Künstlerpalais gemacht: Es geht um die von Barend Cornelis Koekkoek so gepriesene Natur, die der beste Künstler überhaupt sei, wie er sagte. Seine romantischen Landschaftsbilder überhöhen sie. Wie Ergänzungen stehen dazu die überhaupt nicht nüchternen, wissenschaftlichen Bilder von Walsmit Sachs. Und als Bindeglied dazwischen Blätter von Marinus Adrianus Koekkoek (1873-1944). Der Großneffe von Barend Cornelis Koekkoek arbeitete seit 1918 als wissenschaftlicher Zeichner im Dienst des Rijksmuseums van Natuurlijke Historie in Leiden, wo er zwanzig Jahre tätig war. Zwischen 1922 und 1935 machte er 407 Illustrationen für das Tafelwerk Ornitholigia Neerlandica, besser bekannt als De vogels van Nederland. Sie wurden als Lehrmaterial in Schulen verwandt und wurden für das Werk The Handbook of British Birds von Harry Forbes Witherby kopiert. Die Blätter der Vögel empfangen die Gäste schon im Treppenhaus.

"Die wissenschaftlichen Zeichnungen von Walsmit Sachs sind von getrocknetem Herbarium-Material abgezeichnet. Sie dienen der Dokumentation und Forschung. Die Pflanzenteile sind in Lebensgröße eins zu eins gezeichnet", erklärt die künstlerische Leiterin von Haus Koekkoek, Ursula Geisselbrecht. Blütenteil wie Blütenstand, Stempel, und Staubbeutel seien mit Hilfe eines Stereomikroskops gezeichnet.

Walsmit Sachs nimmt dazu Aquarellfarben, die wie Deckfarben verwandt, also nicht nass in nass, gemalt werden. Im Deckel des Malkastens stecken die Farbproben - gemalt wird konzentriert im Atelier. Die 1948 geborene Niederländerin, die lange für den Hortus Botanicus in Leiden gearbeitet hat, wandelt dabei auf historischen Spuren, beispielsweise der bekannten Maria Merian, die im 17. Jahrhundert botanische Bilder schuf.

Eine lange Tradition hat auch das Prinzip: Als botanische Künstlerin isoliert Walsmit Sachs das Bild der Pflanze auf dem Papier, um ihr Wesen und ihre Gestalt eindeutig für das menschliche Auge und als Vorlage für die Wiedererkennung in der Natur zu machen, so Geisselbrecht. Hier ist die wissenschaftliche Akribie gefragt, eine Darstellung, die Fotografie oft nicht leisten kann. Deshalb haben noch heute viele wissenschaftliche Publikationen solche Zeichnungen. Arrangiert werden die Blumen aber von der Künstlerin, die ihre Kunst letztlich als "Ode an die Natur" versteht. Eine Ausstellung nicht nur für Kunstliebhaber: Jeder Blumenfreund wird seine Freude daran haben.

(RP)
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