Kleve Elterndemo: Aufstand gegen Schulpolitik

Kleve · Schulchaos in Kleve: Jetzt schalten sich die Eltern ein. Dienstag wird am Rathaus gegen die geplante Verteilung der Viert-klässler protestiert. Mindestens jedes fünfte Kind, das sich für Realschule oder Gymnasium ange-meldet hat, kommt dort nicht unter.

 Wohin führt der Weg: In Kleve hängt das vom Losglück ab.

Wohin führt der Weg: In Kleve hängt das vom Losglück ab.

Foto: Markus van Offern

Der Widerstand formiert sich: Viele Eltern der Viertklässler wollen sich das, was Klever Rat und Verwaltung in Sachen Schulpolitik entschieden haben, nicht gefallen lassen. Der Klassen-Kampf beginnt. Die Erziehungsberechtigten gehen auf die Straße. Am Dienstag, 21. Februar, um 15 Uhr, ist eine Demonstration vor dem Klever Rathaus geplant. Ziel ist, dass die Regelung für die Verteilung der Kinder auf die weiterführenden Schulen geändert wird. Aber Dienstag ist nicht nur Elterntag, denn auch die Kinder ziehen mit vor das Verwaltungsgebäude an der Landwehr. Sie wollen nach den Sommerferien weiterhin zusammen mit ihren Freunden in eine Klasse gehen - besonders in einer für sie neuen Umgebung. Doch ist das völlig unsicher.

Grund für den "Aufstand" sind die von der Verwaltung veröffentlichten Anmeldezahlen für die weiterführenden Schulen und das Verfahren, nach dem die Kinder verteilt werden. Unsere Redaktion berichtete, dass es am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium, am Konrad-Adenauer-Gymnasium und an der Karl-Kisters-Realschule zu einem Losverfahren kommen wird, da nach den Ratsbeschlüssen hier lediglich drei Eingangsklassen gebildet werden dürfen. Höchstens 87 Kinder (Klassenstärke 29) werden hier jeweils zugelassen. Das bedeutet: mindestens jedes fünfte Kind, das sich für eine der drei Schulen entschieden hat, kann dort nicht bleiben und sollte zu einer der zwei Gesamtschulen wechseln. Mit großer Wahrscheinlichkeit müssen sich jedoch mehr Kinder umorientieren. Die zugewiesenen Inklusionskinder sorgen dafür, dass die Klassenstärke von 29 noch reduziert wird. Das Anmeldeverfahren zeigte, dass die Gesamtschulen bei den Eltern nicht der Renner sind. Kurios ist in der Klever Schullandschaft ebenfalls, dass in der Vergangenheit immer mal wieder drei oder vier Züge gebildet wurden. Gerade so, wie es passte und dem Elternwillen entsprach. Das scheint vorbei. Jetzt werden für die neue Gesamtschule, die aus der Sekundarschule für das Schuljahr 2017/18 gebildet wird, mehr Kinder benötigt. Dadurch dürfen die anderen Schulen nur mit drei Zügen starten. Dass die Landesregierung aus SPD und Grünen das längere, gemeinsame Lernen befürwortet, ist kein Geheimnis. Allein die Akzeptanz schwindet. Zumindest in Kleve.

Nur schwer nachzuvollziehen scheint für Eltern auch die Art des Auswahlverfahrens. So geht es nicht darum, wer etwa eine Gymnasialempfehlung erhalten hat. Alle Kinder, die am "Stein", dem "KAG" oder der Karl-Kisters-Realschule angemeldet wurden, kommen in eine Lostrommel. Denn, so die Entscheidung der Landesregierung, es darf keine Selektion aufgrund der Leistung geben. Die Eignung als Auswahlkriterium ist nicht zugelassen.

Renate Heeks (47) aus Kranenburg ist nur eine von vielen, die sich um die Zukunft ihres Kindes Sorgen macht. Berit (9) besucht derzeit noch die Grundschule in Nütterden. Sie besitzt eine uneingeschränkte Gymnasialempfehlung. Zusammen mit vier Freundinnen wurde Berit am "Stein" angemeldet. "Es ist für alle Kinder schlimm, die ausgelost werden. Ich will nicht daran denken, wenn es meine Tochter trifft und wir eine andere Schule für sie suchen müssen", sagt Renate Heeks. Stephanie Korgel (39) kann die Schulpolitik ebenfalls nicht nachvollziehen. "Ich möchte, dass meine Tochter zur Realschule geht. Warum soll ich sie in die Oberstadt fahren, nur damit dort die Gesamtschule gefüllt wird?", fragt sie.

Familie Kluitmann wohnt neben der Karl-Kisters-Realschule, wo auch ihr Sohn Ben-Luca (9) angemeldet wurde. "Für unser Kind ist das genau die richtige Schulform. Wir müssen uns wehren", sagt Silvia Kluitmann (39). In WhatsApp-Gruppen verabreden sich Eltern, um Dienstag vor das Rathaus zu ziehen. Die Chancen, dass sich viele an dem Protest beteiligen, sind nicht die schlechtesten. So gab das Schul-Thema dem gestrigen Tag von Timo Bleisteiner, Direktor des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums, Struktur. Mehrere besorgte Eltern riefen ihn an. Doch konnte Bleisteiner auch nur achselzuckend auf die Entscheidungen des Klever Rats verweisen.

Als Eltern von Schulkindern darf man in Kleve nicht allzu wehleidig sein. Sanierungsbedürftige Gebäude, Renovierungen, die in der Regel nicht in der geplanten Zeit abgeschlossen werden, und jetzt eine fatale Klassenlotterie - der Patient "Schule" ist in der Kreisstadt einer, der nicht im Schnellverfahren zu heilen ist.

(jan)
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