Kreis Kleve Endoskopie im Buschkrankenhaus

Kreis Kleve · Heute fliegt eine Gruppe medizinischer Fachleute aus dem Kreis Kleve nach Benin. Sie wollen im Auftrag der "Aktion pro Humanität" Ärzte vor Ort in Afrika an modernen Geräten schulen. Der Aufenthalt dauert eine Woche.

Von nicht weniger als einem "Quantensprung" in der Benin-Hilfe spricht Dr. Elke Kleuren-Schryvers: Neuerdings ist es möglich, im "Centre Medico-Social de Gohomey" im armen Norden des Landes Patienten fast so gut zu diagnostizieren wie in Europa. Denn in dem OP-Container, den der Klever Unternehmer Bernd Zevens der "Aktion pro Humanität" vor zwei Jahren gespendet hatte, ist inzwischen auch ein Endoskopiegerät untergebracht. Bislang können die einheimischen Mediziner damit noch nicht optimal umgehen, so dass sie sich auf die Gäste aus Deutschland, die heute nach Benin fliegen, besonders freuen. Chirurgen, Anästhesisten, Radiologen, Allgemeinmediziner und weiteres medizinisches Fachpersonal aus Goch, Kevelaer und Umgebung wird eine Woche lang das einheimische Personal an dem Hightech-Gerät schulen. "Die ersten Patienten sind zu Untersuchungen bestellt", erfuhren die Mitglieder des DRK Goch bei ihrer Vortragsveranstaltung. Dr. Kleuren-Schryvers und die ehrenamtlich mitarbeitende Heike Waldor-Schäfer informierten über die aktuelle Arbeit der Hilfsorganisation.

Anfang der 90er Jahre hatten Herbert Schryvers aus Goch und seine Frau Elke mit der Unterstützung der Menschen in Benin begonnen. Schnell schlossen sich viele Niederrheiner an, überall wurden Spenden gesammelt. Die Einheimischen intensiv in die Projekte einzubinden, war von Anfang an selbstverständlich. Mit Blick auf die aktuelle Flüchtlingsdebatte konnte sich Dr. Kleuren-Schryvers nicht verkneifen festzustellen: "Seit über 20 Jahren bekommen beninische Mitarbeiter für ihre Arbeit vor Ort von uns Lohn und Brot. Sie haben eine Perspektive für sich und ihr Land. Noch von keinem einzigen habe ich gehört, dass er weg will aus seiner Heimat." Die Überzeugung der Ärztin: Eine "Umkehr der Ströme" wäre nötig. Wenn Afrika mehr Interesse und Unterstützung erführe, kämen deutlich weniger Menschen nach Europa. "Wir müssen verstärkt in diese Länder gehen und dort helfen", appelliert Kleuren-Schryvers.

Nichtregierungs-Organisationen wie "Pro Humanität" tun das und haben Erfolg. Auf einer Fläche, ein Drittel so groß wie Deutschland, leben in Benin rund neun Millionen Menschen. Besonders schlecht geht es denen im Norden nahe der Sahelzone. "Akuten Hunger wie in Niger, wo wir auch tätig sind, gibt es derzeit zwar nicht, aber erhebliche Mangelernährung", weiß die Ärztin. Die Menschen ernähren sich praktisch nur von Fladen aus Maismehl und Maniok; Rachitis durch Vitamin-D-Mangel ist häufig. In der Folge verkrüppeln die Knochen - typisch sind krumme Gliedmaßen und aufgetriebene Gelenke. Wenn Kinder extreme O-Beine haben, können sie damit oft kaum laufen und haben keine Chance auf ein selbstständiges Leben. Eine röntgengestützte Diagnose und danach mögliche Operationen können ihr Schicksal um 180 Grad wenden. Ein einheimischer Orthopädiehelfer macht sich um seine Landsleute verdient, indem er Schienen und Gestelle anfertigt, die die Beine der Kinder auf mittlere Sicht wieder gerade formen. Ein langer, schmerzhafter Prozess, in den die Eltern, die während der Therapie monatelang mit ihren Kindern im medizinischen Zentrum wohnen, eingebunden sind. Worüber Kleuren-Schryvers sehr froh ist: Auch die beninische Regierung akzeptiert inzwischen, dass die Hilfe aus Deutschland wichtig ist, und unterstützt die Projekte.

Die Arbeit von "Pro Humanität" hat sich deutlich geändert. "Erst hatten wir es vor allem mit Aids zu tun, mussten Waisenhäuser bauen und Aufklärung leisten. Heute gelingt es uns immer häufiger, Kinder, deren Eltern gestorben sind, zurück in ihre Dörfer zu integrieren. Wir vergewissern uns regelmäßig, dass sich die Verwandten auch gut um sie kümmern. Dann begannen wir mit Basismedizin und können heute sogar digitale Untersuchungsmöglichkeiten nutzen und Operationen durchführen", berichtet die Ärztin.

Davon sind die Helfer im Niger noch weit entfernt. Dort werden erst einmal Brunnen gebohrt. Einer kostet 15.000 Euro und versorgt 25.000 Menschen mit sauberem Wasser. 27 Brunnen sind inzwischen vorhanden und helfen, gefährliche Durchfallerkrankungen zu vermeiden. Außerdem können Kinder, die mit ihren Müttern nicht täglich viele Stunden zur nächsten Wasserstelle laufen müssen, zur Schule gehen. Grund genug also, die "Aktion pro Humanität" weiter mit möglichst viel Geld zu versorgen.

(RP)
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