Kleve "Ernstfall ist nicht zu proben"

Kleve · Fassungslosigkeit in den Klever Schulen – der Amoklauf von Winnenden macht deutlich, dass so eine schreckliche Tat überall passieren kann. Wie Lehrer und Schüler sich dann zu verhalten haben, steht im Notfallplan für Schulen.

Fassungslosigkeit in den Klever Schulen — der Amoklauf von Winnenden macht deutlich, dass so eine schreckliche Tat überall passieren kann. Wie Lehrer und Schüler sich dann zu verhalten haben, steht im Notfallplan für Schulen.

Als vor drei Wochen die Klassenraum-Nummern auf der Innenseite der Türen angebracht wurden, hatte Alexander Münnekhoff (18) noch gut lachen. "Wir haben Scherze gemacht, damals dachte doch niemand daran, dass sich in Deutschland wieder ein Amoklauf ereignet", sagte der Schülersprecher des Klever Stein-Gymnasiums. Jetzt sieht Münnekhoff die Maßnahme mit anderen Augen. "Ist schon ein komisches Gefühl", gesteht er sich ein. Und nachdem er von dem Vorfall in Kalkar gehört hat (dort hatten Schüler als "Aprilscherz" einen Amoklauf angedroht), sei so eine schreckliche Tat "gar nicht mehr so weit weg".

Codewort und Gaspistole

Die Klassenraum-Nummer auf der Innenseite der Klassenzimmertür ist eine von vielen Maßnahmen, die die Schulen in Kleve beherzigen, nachdem das Schulministerium in Nordrhein-Westfalen den Notfallplan für Schulen unter dem Stichwort "Hinsehen und Handeln" herausgegeben hat. 117 Seiten stark ist dieser, er unterscheidet zwischen drei Gefährdungsbereichen und enthält sowohl Handlungsvorschläge für Gewaltvorfälle und Krisensituationen, als auch für extremistisch motivierte Vorfälle. Zudem gibt er Hinweise für das richtige Verhalten bei Mord-, Amok- und Totschlagdrohungen im Internet oder per SMS. Demnach müssen Lehrer im Unterricht immer ein Handy dabei haben. Und wenn ein bestimmtes Codewort über den Lautsprecher der Schule durchgegeben wird, wissen die Pädagogen, wie sie sich zu verhalten haben. Alles abgesprochen.

Einzelheiten zu den Empfehlungen des Schulministeriums werden nicht verraten. "Wir wollen vermeiden, dass sich potenzielle Täter darauf einstellen", sagte Jürgen Schmitz, Schulleiter der Realschule Kleve. Seiner Meinung nach kann man den Ernstfall nicht üben. "Ein Amoklauf ist nicht wie eine Feueralarmübung zu proben. Und schon gar nicht mit den Schülern", so Schmitz. Sein Kollegium wüsste hingegen ganz genau Bescheid.

Das sieht Claus Hösen, Schulleiter des Stein-Gymnasiums, genauso. "Den Ernstfall kann man nicht proben. Wir können den Hinweisen nur unmittelbar nachgehen." Er erinnert sich an einen konkreten Fall. Damals hatte ein Schüler in der Pause gesehen, wie ein Mitschüler einem anderen Schüler eine Waffe gezeigt hatte. "Nach der Pause bin ich mit dem Hausmeister in die Klasse gegangen und habe dem Schüler die Pistole sofort abgenommen. In so einem Fall fühlt man nicht, sondern handelt", so Hösen. Die Gaspistole, die er sicherstellte, übergab er dann der Polizei.

Annabell Flachberger und Tabea Gerold, beide 15 Jahre alt und Schüler der Realschule Kleve, wünschen sich insgesamt ein besseres Verhältnis zu den Pädagogen. "Der Kontakt zu manchen Lehrern ist wirklich verbesserungsbedürftig. Dabei ließe sich sicherlich vieles verhindern, wenn man nur redet."

(RP)
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