Niederrhein Fasten aus Überzeugung - oder nicht?

Niederrhein · Viele Leute fasten derzeit. Die Motive sind unterschiedlich: Den einen geht es ums Abspecken, den anderen um Selbstdisziplin. Dabei hat der Brauch eigentlich einen religiösen Sinn. Und der wird häufig außer Acht gelassen.

 Mjammmmm... Gierig auf Süßkram und Knabberzeug - für Johanna ist gerade alles erlaubt, was gefällt. Die 16-Jährige fastet in diesem Jahr nicht. Aber im vergangenen Jahr war das noch anders, und sie findet, es war eigentlich nicht so schwer, auf manches zu verzichten.

Mjammmmm... Gierig auf Süßkram und Knabberzeug - für Johanna ist gerade alles erlaubt, was gefällt. Die 16-Jährige fastet in diesem Jahr nicht. Aber im vergangenen Jahr war das noch anders, und sie findet, es war eigentlich nicht so schwer, auf manches zu verzichten.

Foto: Gerhard Seybert

Verzicht auf Süßigkeiten, Fastfood oder Gebäck: Die Fastenzeit nutzen viele für den Endspurt zur Perfektion der Strandfigur. Oder, um die guten Vorsätze fürs neue Jahr umzusetzen. Oder zu überhaupt nichts, weil sie ihnen egal ist. Für Moritz Mai (16) und Leon Gerling (16) etwa spielt die Fastenzeit keine Rolle. Die beiden Schüler aus Rees haben noch nie gefastet. "Ich faste aus Überzeugung nicht. Das würde ich sowieso nicht schaffen", erklärt Moritz. Und auch Leon meint: "Ich finde die Fastenzeit unnötig."

Etwas anders sehen das Klara Baumann (16) und Johanna Sieben (16). "Ich faste in diesem Jahr nicht, weil ich nicht realisiert habe, dass Aschermittwoch war und einfach nicht dazu gekommen bin", erzählt Klara. "Im letzten Jahr habe ich auf Fleisch verzichtet. Da haben viele meiner Freunde gefastet, und ich habe es auch durchgehalten."

Johanna kommt aus Straelen und hält sich in diesem Jahr auch nicht zurück. Das hat allerdings einen Grund: "Ich wusste nicht, worauf ich fasten soll", sagt sie. "Im letzten Jahr habe ich auf Süßigkeiten und Fastfood verzichtet und das hat auch gut geklappt."

Doch ob sie die Fastenzeit nun "mitmachen" oder nicht: Viele Leute vergessen den tieferen Sinn dahinter. Die religiöse Bedeutung ist die Vorbereitung auf das Fest der Auferstehung Jesu und die Vertiefung der eigenen Beziehung zu Gott. Maximilian Heuvelmann aus Emmerich ist das sehr bewusst. Der 22-Jährige studiert Katholische Theologie in Münster und möchte Priester werden. "Ich beginne die Fastenzeit immer mit der Beichte, um erst einmal innerlich leer zu werden", verrät er. Er versucht in der Fastenzeit, Gott bewusst mehr Zeit am Tag einzuräumen. "Dafür lasse ich meine elektronischen Geräte auch mal ruhen. Dabei fällt mir auf, wie angenehm Dienste wie Whatsapp sind, aber wie fordernd sie auch sind und wie viel Zeit sie beanspruchen. Ich finde die Beschreibung vom Heiligen Benedikt für die Fastenzeit sehr passend: Verzicht zur Freiheit."

Auch Ludger Dahmen, Pastoralreferent der Gemeinde St. Irmgardis in Rees, hat sich etwas für die Fastenzeit vorgenommen: "Ich verzichte nicht auf etwas, sondern mache bewusst mehr Hausbesuche und versuche, regelmäßig an den Fastenandachten in den unterschiedlichen Gemeinden teilzunehmen."

Sowohl der Pastoralreferent als auch Maximilian nehmen wahr, dass bei vielen Jugendlichen nicht der Bezug zur Bibel die Motivation zum Fasten darstellt, sondern Freundeskreis und Gesellschaft entscheidende Faktoren sind. "Ich habe den Eindruck, dass Fasten bei den Jugendlichen weniger eine Rolle spielt. Mein Vorschlag an die Firmlinge, auf ihr Smartphone zu verzichten, stieß auf sehr bescheidene Resonanz", erzählt Ludger Dahmen. Zudem trete die Fastenzeit weniger in Erscheinung als beispielsweise der Advent mit seinen Weihnachtsmärkten.

Für Maximilian liegt das mangelnde Interesse auch an der Verweltlichung von Religion: "Es gibt immer mehr Ersatzreligionen wie zum Beispiel den Fußball. Auch die Fastenzeit hat einen säkularen Anstrich bekommen und wird meinem Eindruck nach eher als Heilfasten betrachtet und nicht, um die Beziehung zu Christus zu vertiefen."

Knapp zwei Wochen dauert die Fastenzeit noch. Genug Zeit, um sich vielleicht doch noch bewusst Zeit zu nehmen, für sich, die Beziehung zur Religion oder für Freunde und Verwandte.

(RP)
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