Kreis Kleve FDP-Kandidat will "ehrlichen Haushalt"

Kreis Kleve · Dietmar Gorißen wirft den großen Fraktionen im Kreistag vor, die RWE-Aktien-Misere nicht frühzeitig gestoppt zu haben. Er plädiert für mehr Controlling und klar definierte Haushaltsziele. Investieren würde er in die Infrastruktur.

 Der Liberale Dietmar Gorißen im Gespräch mit RP-Redakteurin Anja Settnik.

Der Liberale Dietmar Gorißen im Gespräch mit RP-Redakteurin Anja Settnik.

Foto: Gottfried Evers

Der Mann ist Realist und nimmt deshalb nicht an, dass er demnächst Landrat ist. Aber was er zu sagen hat, wird in dieser Zeit vor der Wahl hoffentlich intensiver angehört als sonst, meint er. Dietmar Gorißen wäre hochzufrieden, wenn er sein Ergebnis der Kommunalwahl von 2009 wiederholen könnte: "Damals bekam ich 8,5 Prozent der Stimmen, das war schon toll." Erfahrung mit Wahlen hat der Klever genug, er bewirbt sich bereits zum vierten Mal um das Landratsamt.

Der 56-jährige Klever Rechtsanwalt, der aus Goch stammt, ist, wie er ermittelt hat, "der einzige Bewerber, der im Kreis Kleve geboren wurde." Gorißen kennt sich aus in seiner Heimat, und gerade in diesen Wochen bewegt er sich viel in den Kommunen des Kreises. Zu besprechen gibt es mit den Bürgern genug, findet er. Zum Beispiel über das Problem der alternden Gesellschaft. "Es ist eine große Herausforderung, zu überlegen, wie wir junge Menschen im Kreis Kleve halten können." Vor jahren habe er Ostdeutschland bereist und dabei erlebt, was aus Städten wird, wenn die Jungen weggehen und nur die Alten bleiben.

"Dem kann man nur gegensteuern, wenn die Bedingungen für die Wirtschaft gut sind und sie im Stande ist, viele Arbeitsplätze zu bieten." Dafür sei unter anderem eine funktionierende Infrastruktur wichtig. Gerade die Verbindung ins Ruhrgebiet müsse optimiert werden. Gorißen denkt dabei an die fehlende OW 1 in Kevelaer, an die B 67 neu, an die B9 neu. "Die schnellere Verbindung von der linksrheinischen A 57 zur A 3 ist absolut notwendig." Das sieht die CDU zwar kaum anders, aber Spreen und seine Verwaltung gingen zu wenig offensiv vor, findet der Liberale. Ähnlich äußert er sich zur gewünschten Wiederaufnahme der Bahnstrecke Kleve-Nimwegen. "Die Schnellbuslinie sollte ein Vorbote der Schienenverbindung sein." Insbesondere der Handel und das Gastgewerbe würden von der Eisenbahnstrecke profitieren, sagt der FDP-Mann. Dass die 50 000 Euro für ein Mediationsverfahren, die im Haushalt des Kreises stünden, bis heute nicht eingesetzt worden seien, ärgert ihn.

Nach Meinung des Fachmanns für Haushalts- und Sozialrecht müsste der Kreis finanziell eigentlich besser dastehen. "Die Zeiten sind so gut wie nie. Wir haben hohe Einnahmen, die Zinsen sind niedrig. Was ist, wenn sie wieder steigen, wenn neue Aufgaben hinzu kommen und die Einnahmen zurückgehen? Uns fehlt ein Controlling mit belastbaren Kennzahlen und definierten Erfolgszielen." Gorißen wünscht sich mehr Ehrlichkeit, was die Finanzen des Kreises angeht. Dass zum Beispiel die RWE-Aktien, die nur noch 50 bis 80 Cent Dividende bringe, dem Kreis statt der erhofften vier nur noch maximal 1,5 Millionen Euro einbrächten, müsse der Bürger erfahren. "Das fehlende Geld müssen wir nämlich bei den Kommunen einsammeln." Die großen Fraktionen und der Landrat müssten sich sagen lassen, dass es falsch war, voll auf die RWE-Aktie zu setzen, statt das Risiko zu streuen. Ein Vermögen von 132 Millionen, wie es im Haushalt aufgeführt sei, existiere längst nicht mehr, vielleicht ein Viertel davon.

Freude hat Gorißen am Flughafen Niederrhein. "Er ist ein funktionierendes privates Unternehmen, und wir wollen keine wachsende Beteiligung des Kreises. Geschäftsführer van Bebber und Investor Buurman haben meinen größten Respekt."

(RP)
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