Kalkar Forschen im Haus der Zukunft

Kalkar · Das erste schwimmende Plusenergiehaus hat auf dem Kiessee im Birgelfeld den Betrieb aufgenommen. Mit dem Pilotprojekt prüfen Forscher energiesparendes Wohnen auf dem Wasser. Langfristig soll eine Siedlung entstehen.

 Architekt Friedhelm Hülsmann mit Stefan Rode, Sebastian Herkel (ISE), Peter Strangfeld (Hochschule Lausitz), Partner Christian Thieme, Horst Stopp (Hochschule Lausitz) und Ingenieur Andreas Naumann (v.l.) vor der schwimmenden Forschungsstation.

Architekt Friedhelm Hülsmann mit Stefan Rode, Sebastian Herkel (ISE), Peter Strangfeld (Hochschule Lausitz), Partner Christian Thieme, Horst Stopp (Hochschule Lausitz) und Ingenieur Andreas Naumann (v.l.) vor der schwimmenden Forschungsstation.

Foto: Gottfried Evers

Stufen aus Teakholz, großzügige Veranda, bodentiefe Fenster mit Seeblick: Mit einer gewöhnlichen Forschungsstation hat der schwimmende Kasten auf dem Kiessee im Birgelfeld wenig gemein. Schließlich handelt es sich um ein Pilotprojekt für eine neuartige Wohnform. Der schwimmende Quader ist das Modell für ein Haus, dass mehr Energie erzeugt, als es verbraucht — ein so genanntes Plusenergiehaus.

"Ein schwimmendes Plusenergiehaus ist einmalig", sagt Architekt Friedhelm Hülsmann vom Klever Büro Hülsmann & Thieme, das das Konzept entwickelt hat. Zwei Jahre lang werten Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) die Daten aus, die Aufschluss darüber geben sollen, wie ein serienreifes Plusenergiehaus auf dem Wasser gestaltet werden sollte.

Die Energieversorgung gewährleisten Sonne und Seewasser. So nutzt eine eigens entwickelte Mini-Wärmepumpe das Wasser des Kiessees als Energiequelle und erzeugt die nötigen drei Kilowatt Heizleistung. Die geringe Leistung reicht aus, da das Haus massiv isoliert ist, unter anderem mit dreifachverglasten Fenstern. Die kleine Wärmepumpe betreibt eine Fußbodenheizung und mehrere Passivhausheizkörper. "Welche der beiden Heizungen die geeignete ist, wird der Abschlussbericht nach der Testphase zeigen", sagt Hülsmann.

Der Strom wird über drei verschiedene Photovoltaik-Systeme mit einer Gesamtfläche von 40 Quadratmetern gewonnen. Ein Teil der Sonnenkollektoren ist an senkrecht an der Terrasse montiert, um die Reflexion der Lichtstrahlen auf der Wasseroberfläche auszunutzen. Von weitem sichtbar sind zwei Photovoltaik-Anlagen, die sich mit Computerdaten automatisch nach dem Stand der Sonne ausrichten. Ein weiterer Teil ist im klassischen 45-Grad-Winkel am Dach angebracht.

Investor des Projekts ist das Kieswerk Maas-Roeloffs. Der Hintergrund ist ein Vertrag mit der Stadt Kalkar, in dem sich das Unternehmen verpflichtet hat, nach der Abgrabung eine Nachfolgenutzung des Sees zu gewährleisten, die einen gesellschaftlichen Mehrwert hat. Wie viel das Pilotprojekt gekostet, will Hülsmann nicht sagen. Jedoch liege die Summe über den ursprünglich veranschlagten 500 000 Euro. Die Bauzeit für die schwimmende Forschungsstation betrug anderthalb Jahre, die Planung begann vor vier Jahren.

Das langfristige Ziel des Projekts ist die Schaffung einer neuen Siedlung mit 40 Häusern. Voraussichtlich fünf davon sollen wie das Pilotprojekt auf dem See schwimmen. "In frühestens fünf Jahren könnte Baubeginn sein", sagt Hülsmann. Neben der Auswertung der Ergebnisse nach dem Ablauf der Testphase in zwei Jahren müsse noch die Bezirksregierung den Bau des neuen Wohngebiets genehmigen.

Schon jetzt sorgt die Technologie für Aufsehen. Die Hochschule Lausitz informierte sich gestern bei einem Treffen über das Projekt. Im Osten der Bundesrepublik entsteht durch die Flutung stillgelegter Braunkohletagebaue Europas größte künstliche Wasserlandschaft. "Für Kalkar ist das Pilotprojekt eine weitere Attraktion", sagt Hülsmann.

(RP/jul)
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