Awo-Frauenhaus in Kleve Frauen suchen länger Schutz vor Gewalt

Kreis Kleve · 38 Frauen und 32 Kinder haben im vergangenen Jahr im Awo-Frauenhaus gelebt. Mehr als die Hälfte der Bewohnerinnen kommt aus dem Ausland. Für das Frauenhaus ist die hohe Auslastung Segen und Fluch zugleich.

 Marion Kurth, Geschäftsführerin der Awo im Kreis Kleve, (l.) und Frauenhaus-Leiterin Andrea Hermanns. Sie wünschen sich eine ausreichende Finanzierung für das Frauenhaus.

Marion Kurth, Geschäftsführerin der Awo im Kreis Kleve, (l.) und Frauenhaus-Leiterin Andrea Hermanns. Sie wünschen sich eine ausreichende Finanzierung für das Frauenhaus.

Foto: Kensbock

Bei einigen schlug der Ehemann zu, bei anderen der Lebensgefährte, der Vater oder der eigene Sohn. 33 Frauen und 22 Kinder suchten im vergangenen Jahr Schutz vor häuslicher Gewalt im Awo-Frauenhaus in Kleve. Insgesamt haben sich 38 Frauen und 32 Kinder dort aufgehalten. Das berichtet Leiterin Andrea Hermanns. Aus Platzmangel mussten 52 Frauen im Laufe des Jahres an andere Häuser vermittelt werden. Viele von ihnen finden in Moers, Krefeld oder Bocholt einen Platz. Auch sechs obdachlose Frauen hatten in Kleve nach einer Unterkunft gesucht. "Wir mussten sie leider abweisen. Wir können nur Frauen aufnehmen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind", sagt Hermanns.

Dass die Leiterin des Hauses so viele Frauen abweisen musste, sei nicht normal. "Das liegt daran, dass viele Frauen sehr lange im Haus geblieben sind", sagt Hermanns. "Die 20 Betten waren belegt." So lebten sechs Frauen länger als sechs Monate im Frauenhaus, eine Bewohnerin blieb sogar über ein Jahr. "Diese Frauen wurden massiv bedroht oder mussten warten, bis eine einstweilige Verfügung durchgesetzt ist." In vielen Fällen sei der Aufenthalt schon nach wenigen Tagen vorbei.

Unter den Bewohnerinnen sei der Anteil der ausländischen Frauen hoch: Mehr als die Hälfte (21) hat ihre Wurzeln in Ländern wie Afghanistan, Iran, Kosovo, Polen, Russland, Serbien oder Syrien. "Gewalt kommt in allen Kulturen vor, aber die ausländischen Frauen haben es besonders schwer", sagt Hermanns. "Sie kennen sich in Deutschland kaum aus, kennen ihre Rechte nicht. Es gibt viel Erklärbedarf." Schwieriger werde es dadurch, dass nur wenige Bewohnerinnen Deutsch oder Englisch sprechen. "Wir haben zwar Dolmetscherinnen für Behördengänge, aber nicht für Alltägliches."

13 der aufgenommenen Frauen kommen aus dem Kreis Kleve, 20 aus anderen NRW-Städten. Wie es nach dem Frauenhaus weitergeht, bleibt oft unbekannt. Elf Frauen verschwanden, ohne anzugeben wohin, oftmals in einer Nacht-und-Nebel-Aktion. Neun zog es in eine neue eigene Wohnung, sieben in andere Frauenhäuser oder soziale Einrichtungen. Sechs Frauen kehrten zurück in die alte Wohnung - und damit auch in die Beziehung. "In den meisten Fällen ändert sich nichts", sagt Hermanns. "Darum kommen einige Frauen auch mehrfach zu uns." Sechs Frauen waren zum wiederholten Mal in Frauenhäusern.

Für das Frauenhaus ist die hohe Auslastung von etwa 90 Prozent Segen und Fluch zugleich. Denn für jede Frau, die einen Tag in dem Haus verbringt, gibt es Zuschüsse. Dennoch reiche die Finanzierung von Land und Bund nicht aus, sagt Awo-Geschäftsführerin Marion Kurth. "Wir hatten im vergangenen Jahr Gesamtkosten von 323.000 Euro, davon entfielen 208.000 Euro auf Personal." Der Rest waren Sachkosten - zum größten Teil Miete.

Dem gegenüber steht ein Zuschuss des Landes NRW in Höhe von 132.000 Euro. Hinzu kommen die Tagesgelder, die das Jobcenter erstattet: 187.000 Euro. "Es bleibt eine Differenz von 4000 Euro, die wir nur durch Spenden decken können", sagt die Geschäftsführerin. "Aus finanzieller Sicht war das wegen der hohen Auslastung ein gutes Jahr. Normalerweise kommen wir auf ein Defizit von 20.000 Euro."

Zu stemmen sei die Arbeit mit den geringen Mitteln nur mit Hilfe der Ehrenamtlichen. Neben zwei Sozialpädagoginnen, einer Erzieherin, einer Verwaltungskraft und einer Hauswirtschafterin helfen 15 Freiwillige mit und sorgen dafür, dass das Frauenhaus rund um die Uhr erreichbar ist.

(veke)
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