Kleve Grundschulen streichen Sportstunden

Kleve · Laut Erlass des NRW-Schulministeriums dürfen nur noch dafür qualifizierte Lehrer den Kindern Sportunterricht geben. In Kleve führt dies dazu, dass entsprechende Stunden ausfallen müssen. Gewerkschaften protestieren gegen Regelung.

 Sportstunde in der Klasse 1b der Willibrord-Grundschule in Kleve-Kellen.

Sportstunde in der Klasse 1b der Willibrord-Grundschule in Kleve-Kellen.

Foto: Klaus-Dieter Stade

Für eine begeisterte Sportlerin ist die ganze Sache besonders ärgerlich. "Mir blutet das Herz, wenn wir gerade beim Sportunterricht kürzen müssen", sagt Martina Spicher, Leiterin der Johanna-Sebus-Grundschule in Kleve-Rindern. Aber der neue "Sport-Erlass" des Schulministeriums habe ihr keine Wahl gelassen. "Wir haben im Kollegium lange hin- und herüberlegt und uns dann dazu entschlossen, keinen Sportunterricht mehr von Lehrern erteilen zu lassen, die nicht über die besondere Qualifikation verfügen."

Der Erlass hat für Unruhe vor allem an den Grundschulen gesorgt. Die neue Regelung legt erstmals die Voraussetzungen für den Sportunterricht fest. Verlangt werden von den Pädagogen ein Studium, eine Fortbildung oder Qualifikationen durch Sportverbände. Damit sollen auch Haftungsansprüche bei Unfällen während des Sportunterrichtes ausgeschlossen werden.

Eben aus diesem Grund gibt es nun an der Johanna-Sebus-Schule weniger Sportstunden. "Wir wollen da kein Risiko eingehen, auch wegen möglicher Versicherungsfragen, falls sich ein Schüler im Sportunterricht verletzt." Zum neuen Schuljahr hat das konkrete Folgen an der Schule: Das vierte Schuljahr bekommt ab sofort keinen Sportunterricht mehr, und im dritten Schuljahr nur noch eine Klasse. 63 Kinder haben jetzt keinen Sport mehr.

"Obwohl das für viele das Lieblingsfach ist", bedauert die Leiterin, die den Erlass nicht nachvollziehen kann. "Kollegen haben über viele Jahre Sportunterricht erteilt und sich privat noch weitergebildet. Das spielt aber keine Rolle", sagt sie. Bei einem Elternabend werden die Klassenpflegschaftsvorsitzenden über den neuen Sachstand informiert.

Einen Informationsbrief an die Eltern hat auch Claus Kolter von der Willibrord-Grundschule in Kleve-Kellen schon aufgesetzt. Auch die Schule hat wegen des Erlasses jetzt den Stundenplan umgestrickt. Die fünf Lehrer mit der nötigen Qualifikation mussten auf die Klassen verteilt werden. Die Folge: Sechs Klassen haben jetzt eine Stunde Sport weniger in der Woche.

Auch Kolter schüttelt über den Erlass des Ministeriums den Kopf. Dabei stimmt er sogar im Grunde zu, dass es sinnvoll ist, dass Sportunterricht von besonders ausgebildeten Pädagogen erteilt wird. "Aber es geht nicht, dass so etwas ohne Übergangszeit gefordert wird. Schulen muss Zeit gegeben werden, sich auf die neue Situation einzustellen." Etwa Zeit, um die geforderte Qualifikation zu erwerben. Er fordert daher wie die Gewerkschaften GEW und VBE, dass der Erlass zurückgenommen und überarbeitet wird. "Kinder machen ohnehin schon weniger Sport als früher, Bewegung kommt zu kurz. Da darf eigentlich nichts von diesem wichtigen Unterricht wegfallen."

So sieht es auch Brigitte Jochem, Leiterin der Spyck-Grundschule in der Klever Unterstadt. "Für manche Schule ist das ein ganz schöner Hammer, da muss dringend nachgebessert werden." An ihrer Schule habe sie das Glück, über genug Lehrer mit der geforderten Qualifikation zu verfügen. Allerdings werde es Kürzungen des sportlichen Angebots in der Offenen Ganztagsschule geben.

Kreis-Schulrätin Angelika Platzen sieht die ganze Sache gelassen. "Das Fach Sport soll aufgewertet werden, das steckt hinter dem Erlass. Daher ist es sinnvoll, dass der Unterricht nur von besonders qualifizierten Lehrern unterrichtet wird." Einige Schulen müssten nun umstrukturieren. Zudem werde es mit Sicherheit zusätzliche Qualifizierungskurse geben, die Lehrer belegen können, die gerne weiter Sportunterricht erteilen möchten.

(RP)
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