Kleve Haeses Sonne in der "Avantgardegalerie"

Kleve · Kleine Werke von großen Künstlern: Wenn am Wochenende "Schule Kunst Museum" ins Museum einlädt, lohnt der Weg ganz hinauf: Hier sind die kleinen Arbeiten von Yves Klein, Gerhard Richter, Christo und Günter Uecker versammelt.

 Charlotte Posenenskes Welle im Obergeschoss des Museums Kurhaus.

Charlotte Posenenskes Welle im Obergeschoss des Museums Kurhaus.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Das Messingwerk ist filigran, zarte Fühler fassen in den Raum, Unruh-Spiralen stehen zittrig, fast durchsichtig im Gegenlicht, Kugel-Konstruktionen hängen an dünnen Drähten. Und all das folgt einer klaren, geometrischen Ordnung in einem Kreis. "Sol", Sonne, heißt das feinmechanische Werk von Günter Haese und gehört seit vielen Jahren zur Sammlung des Klever Museums. Jetzt ist die Arbeit des Mataré-Schülers Haese in der obersten Etage des Kurhauses endlich wieder zu sehen. Hier hat Kleves Museumsdirektor Prof. Harald Kunde eine "Galerie der Avantgarde" eingerichtet. Denn um Haeses Sol sortieren sich illustre Namen wie Christo, Uecker, Yves Klein oder Gerhard Richter. Das Schweizer Duo Fischli & Weiss hat ebenso einen Raum bekommen, wie Lothar Baumgarten.

 Ein Detail aus Günter Haeses filigraner Sonne "Sol" in der Galerie im Obergeschoss.

Ein Detail aus Günter Haeses filigraner Sonne "Sol" in der Galerie im Obergeschoss.

Foto: Gottfried Evers

Es sind zwar nur kleine Arbeiten, die die Freunde für ihr Museum mit einer Schenkung der Anwälte Gabriele und Günther Stockhausen gewannen, aber es sind große Namen. So wie Yves Klein, dem man einen regelrechten "Altar" (so Kunde) eingerichtet hat: Das 40 mal 35 Zentimeter große, typisch ultramarinblaue Bild, das so mittelmeerisch den Raum erfüllt, dazu jenes Schwämmchen in der gleichen Farbe, das die blauen Pigmente in den Raum führt — leider unter Glas, weil es so empfindlich ist. Den Abschluss dieses kleinen Triptychons macht jene berühmte erste Seite einer französischen Sonntagszeitung, die den Künstler im Foto zeigt, wie er sich aus dem ersten Stock im gestreckten Sprung aus dem Fenster stürzt. Yves Klein sei Judoka gewesen, er hätte sich abrollen können, meint Kunde mit Blick aufs Foto. Aber bis heute sei nicht geklärt, wie Klein gelandet ist. Nur eins sei klar: Das Foto sei keine Montage.

Wie Kleins Schwämmchen hängt auch Richters kleines umgeschlagnes Blatt unter einer Glasscheibe — zu kostbar ist das 42 mal 18 Zentimeter große Blatt, das nichts weiter zeigt, als ein leeres Blatt, das umgeschlagen wird. Und doch ist es ein kleines Meisterwerk eines der teuersten zeitgenössischen Maler.

"Dieser Flur ist schwer einzurichten — doch jetzt haben wir eine regelrechte Galerie der Avantgarde der 1960er und 1970er Jahre hier oben geschaffen, die eine kleine aber hochrangige Ahnengalerie für die zeitgenössische Kunst darstellt", sagt Kunde. Die kleinen Arbeiten stellen wichtige Etappen der Moderne dar, sagt er. Kleine Arbeiten mit großer Ausstrahlung, die sich im Tür- und Fenster-Wirrwarr der oberen Galerie bestens behaupten.

Ein Schritt dieser Etappen stellt Charlotte Posenenskes Welle in Schwarz und Dunkelblau dar, die mit ihren minimalistischen Arbeiten, Objekten und Skulpturen als eine der bedeutendsten Künstlerinnen der 1960er Jahre gilt und ab 1965 jene plastischen Bilder aus Blech und Farbe schuf, wie sie das Kurhaus jetzt zeigt. Arbeiten, von denen Posenenske forderte dass sie nichts anderes darstellen, als sie sind.

Neben der "Avantgarde-Galerie" richteten die Museumsmacher wieder den Fischli-&-Weiss-Raum mit den großen Fotografien der Urlaubsflieger, den Blüten und dem Endlos-Video der Milch schleckenden Katze "Büsi" ein. In dem Raum, für den sie gemacht sind, die Yanomami-Indianer von Lothar Baumgarten. Fasziniert vom Klever Statthalter Johann-Moritz von Nassau-Siegen folgte Baumgarten den Spuren des Prinzen in Brasilien. Ende der 1970er Jahre lebte er 18 Monate unter den Yanomami des Oberen Orinoco, in den Wäldern der Wasserscheide zwischen Venezuela und Brasilien, fotografierte die Indianer in dokumentarischem Schwarz-Weiß und stellte sie den Gemälden aus Moritz' Zeiten gegenüber.

(RP)
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