Kreis Kleve Hans-Gerd Paus: Mit Leib und Seele Gefängnispfarrer

Kreis Kleve · "Wenn mein Urlaub zu Ende geht, denke ich immer: Wie schön, jetzt kann ich wieder in den Knast". Pfarrer Hans-Gerd Paus arbeitet seit sieben Jahren als katholischer Gefängnisseelsorger in der Justizvollzugsanstalt Geldern-Pont. 700 Männer, alles "schwere Jungs" mit Strafen von mehr als zwei Jahren, sitzen in "seiner" Haftanstalt ein, sie ist eine der größten in Nordrhein-Westfalen.

Zwischen Wiesen und Äckern, umgeben von Mauern, stehen die Betonbauten. In der Nähe vom Eingangsbereich hängen stilisierte T-Shirts mit Aufdruck "Schuld" an einer Wäscheleine. So sehen Außenstehende den Arbeitsplatz des Geistlichen, von dem dieser sagt: "Ich fühle mich pudelwohl hier".

"Meine Gemeinde ist nicht groß, aber intensiv", erzählt der 59-jährige Priester, "hier findet wirklich Seelsorge statt". In 25 Jahren Arbeit in der Gemeindepastoral haben bei ihm nicht so viele Frauen oder Männer geweint "wie hier in einer Woche". Vor ihm sitzt nie der Mörder oder Vergewaltiger, vor dem man Angst haben müsste, sondern "oft ein Häufchen Elend". Manch einer leidet extrem daran, "dass die Beziehung kaputt gegangen ist, dass er seine Kinder nicht sehen kann oder dass noch so viele Jahre im Knast vor ihm liegen".

In seinem Büro, das wie ein Wohnzimmer anmutet, können Inhaftierte "so sein, wie sie sind", brauchen nicht den starken Mann markieren. Im Gespräch entdeckt der Geistliche den guten Kern: "Ich könnte Ihnen keinen hier hinsetzen, der nur böse ist", wird Paus klar, "irgendwie sind alle auch Opfer".

"Viele Insassen sind durch ihre eigene Tat traumatisiert", beobachtet der Geistliche, "sie haben riesige Schuldgefühle". Seine Aufgabe ist es, vor allem zuzuhören, Mut zuzusprechen und Perspektiven aufzuzeigen. So hilft Paus bei der Aufarbeitung der Tat, bereitet Kontaktaufnahmen mit Opfern vor oder unterstützt in akuten Krisen. Im Gefängnis entsteht für viele ein großer Redebedarf, betont Paus: "Hier ist eine Atmosphäre, in der man ins Nachdenken kommt". Deshalb würden täglich bis zu zwei Dutzend Gesprächsanträge an die evangelische und katholische Gefängnisseelsorge gestellt, die je nach Wunsch des Häftlings auch an einen islamischen Imam oder an einen jüdischen Rabbiner vermitteln. Alleine er führt 90 bis 100 Einzelgespräche im Monat. "Mir geht es hier nicht darum, zu missionieren", stellt Paus klar. Wichtig ist ihm vielmehr, jeden in seiner Lebenssituation ernst zu nehmen und auf die jeweiligen Bedürfnisse angemessen zu reagieren. "Wenn man hier nicht authentisch ist, geht man unter", davon ist der Geistliche überzeugt.

Signalisiert ein Inhaftierter Interesse am Glauben, erzählt Paus ihm gerne: "Sie haben ganz gute Chancen: Der erste, dem im neuen Testament das Paradies versprochen wurde, war der Verbrecher am Kreuz neben Jesus". Alle 14 Tage feiert er mit 100 Inhaftierten in der Gefängniskapelle einen Gottesdienst. Alles in Allem sieht Paus die Arbeit als "unglaublich erfüllende Aufgabe", die er gegen keine andere seelsorgerische Tätigkeit eintauschen möchte. Dankbar sagt er schmunzelnd: "Deshalb freue ich mich - anders als vielleicht manch anderer - auch auf das Ende eines Urlaubs".

(pbm/mw)
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