Kleve Hendricks redet "Klartext" mit Bauern

Kleve · Die Kreisrindviehzüchter hatten Bundesumweltministerin Barbara Hendricks als Rednerin zu ihrer Versammlung eingeladen. Ihr Vortrag gefiel jedoch vielen nicht, denn die SPD-Abgeordnete bezog gerade zur Gülle klar Position.

 Bundesministerin Barbara Hendricks vor Landwirten aus dem Kleverland.

Bundesministerin Barbara Hendricks vor Landwirten aus dem Kleverland.

Foto: Gottfried Evers

Wenn Barbara Hendricks mal einen Vortrag komplett vom Blatt abliest, dann muss es sich um ein haariges Thema handeln, bei dem sie auf der sicheren Seite stehen möchte. So war es gestern fraglos bei den Kreis-Rindviehzüchtern in Uedem, bei deren Jahresmitgliederversammlung die SPD-Bundesumweltministerin aus Kleve über die "Landwirtschaft der Zukunft aus Sicht der Umweltpolitik" sprach. Hendricks' Vortrag wurde mit nicht mehr als höflichem Applaus bedacht, ein Großteil der Zuhörer ließ die Hände im Schoß liegen. Sogar Murren sowie hier und da ein höhnisches Lachen waren zu hören - Gründe dafür lieferte die anschließende Diskussion.

In großer Harmonie hatte die Veranstaltung begonnen, als der Geschäftsbericht verlesen wurde, der Vorstand zu entlasten war und turnusmäßige Wahlen anstanden. Einstimmig wiedergewählt wurde der Vorsitzende Karl Lörcks aus Grietherbusch, den altersbedingt ausgeschiedenen Franz Opgenoorth aus Till ersetzt nun Rainer Thoenes aus Kalkar. Neu im erweiterten Vorstand ist Georg Dahmen aus Till.

Nach dem Geschäftsbericht beanspruchte der Bericht über die Leistungsergebnisse noch einige Zeit. Schließlich galt es zahlreiche sehr gute Ergebnisse zu würdigen. Nach wie vor ist der Kreis Kleve gemeinsam mit den Nachbarkreisen Borken und Wesel landesweit ganz vorne in Sachen Betriebe und durchschnittliche Kuhzahl. Auch die Milchleistung einzelner Kühe kann sich sehen lassen: Mehr als 20.000 Kilo Milch gaben im Jahr 2015 einige Kühe. Und die Lebensleistung solcher Milchlieferanten (Holsteiner sind am produktivsten) liegt bei 130.000 und mehr Kilo.

Was die Landwirte freut, gibt Umweltpolitikern zu denken. Denn die immer größere Anzahl von Rindern in den Ställen bringt Probleme mit sich - insbesondere ein Riesenaufkommen von Gülle. Diesem Schwerpunkt widmete Barbara Hendricks ihre Rede. Schon in ihren ersten Sätzen ließ sie keinen Zweifel daran, dass sie nicht in allen Bereichen hinter den Bauern steht: "Auf der Grünen Woche in Berlin war ich beeindruckt von der selbstbewussten Selbstdarstellung der Branche, die aber nicht über die Probleme hinwegtäuschen kann." Hendricks attestierte den niederrheinischen Landwirten, dass sie viel Mühe in ihre Betriebe investierten, die Traditionen hoch hielten und die Geschichte ihrer Orte mitgeprägt hätten. Der Respekt vor ihrer Leistung nehme jedoch bei den Bürgern (insbesondere in den Großstädten) ab, weil viele Tierwohl und Umwelt nicht genügend beachtet fänden.

Die Kreis Klever Bundestagsabgeordnete wolle "Klartext reden", betonte sie: "Das derzeitige System beutet Menschen und Tiere aus." Die bisherige Landwirtschaftspolitik fördere die Großbetriebe, statt die verantwortungsbewusst produzierenden Landwirte zu unterstützen. Böden würden nach wie vor überdüngt, weshalb ein neues Düngegesetz notwendig sei. Die vier Jahre alte Verordnung reiche im europäischen Vergleich noch nicht aus - nicht ohne Grund versuchten niederländische Berufskollegen, einen Teil ihrer Gülle in Deutschland loszuwerden.

Barbara Hendricks stimmt den Tierzüchtern darin zu, dass sie bessere Preise für ihr Fleisch bekommen müssten - Handel und Verbraucher sollten sich ebenfalls ihrer gesellschaftlichen Verantwortung stellen. Recht aufgebracht zeigten sich in der Diskussion einige Landwirte, die kein Verständnis für die restriktiven Neuerungen zeigten, weiter privilegiert im Außenbereich große Ställe bauen wollen und eine Zukunft für ihre Betriebe verlangen. Dem "Flächenfraß" durch Gewerbeansiedlung und Wohnungsbau müsse Einhalt geboten werden.

(RP)
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