Kalkar Hitzige Debatte um Nachtragshaushalt

Kalkar · Die etablierten Parteien hielten lange Haushaltsreden. Die Forums-Chefin Dr. Britta Schulz sprach von "vertaner Zeit" und empörte damit Bürgermeister Gerd Fonck, der beim Forum den Ansatz für Perspektiven vermisst.

Im Sitzungssaal stand ein nett geschmückter Weihnachtsbaum. Doch von besinnlicher Stimmung konnte bei der letzten Ratsitzung des Jahres keine Rede sein. Vielmehr bot die Sitzung wohl einen Vorgeschmack auf den kommenden Wahlkampf.

Den Auftakt der Tagesordnung bildete die Beratung über den Nachtragshaushalt. Da Kalkar einen Doppelhaushalt für zwei Jahre verabschiedet hat, ist ein solcher Punkt normalerweise wenig aufregend. Es geht lediglich um Nachbesserungen, um die veranschlagten Zahlen an die Realität anzupassen.

Diesmal standen, wie berichtet, die drastisch gestiegenen Kosten durch die Aufwändungen für Asylbewerber im Mittelpunkt. Normalerweise kaum Anlass für größere Diskussionen. CDU und SPD machten die Beratung zur Überraschung aller jedoch zu einer kleinen Haushaltsdebatte. Die beiden Fraktionsvorsitzenden Klaus-Dieter Leusch (CDU) und Jochem Reinkens (SPD) hatten mehrseitige Haushaltsreden vorbereitet, in denen sie noch einmal ausführlich Stellung zur momenten Situation in Kalkar nahmen, vor allem zur prekären finanziellen Lage.

Das Forum dagegen hatte sich darauf beschränkt, mitzuteilen, dass man keinerlei Einwände zum Nachtrag habe. Das war für Bürgermeister Gerhard Fonck der Anlass zu harscher Kritik: "Die Bürger fragen sich: Was macht das Forum eigentlich? Ich hätte von Ihnen jetzt hier Perspektiven für die Stadt erwartet. Sie haben keinerlei Fakten vorgebracht." Von einer neuen Fraktion hätte er sich gewünscht, dass sie Perspektiven aufzeige. Das Forum verbreite nur Harmonie. Doch Harmonie könne man nicht diskutieren.

Das Procedere brachte die Forums Bürgermeisterkandidatin Dr. Britta Schulz auf die Palme. Die Reden seien nicht bemerkenswert gewesen. "Das war hier eine Stunde vertane Lebenszeit", wetterte sie und reagierte auf den Zwischenruf "Du redest so laut" mit der scharfen Bemerkung "Ja, ich rege mich ja auch auf."

Gut zwei Stunden lang wurde schließlich über den Nachtrag debattiert. Zusätzliche Brisanz kam durch die Diskussion über das Erinnerungsprojekt für die jüdische Bevölkerung in den Tagesordnungspunkt. Das Projekt war lange von allen Parteien einmütig verfolgt und unterstützt worden. In der letzten Hauptausschuss-Sitzung (HFA) hatte Willibald Kunisch (Grüne) dann vorgeschlagen, das Projekt zu streichen, um Kosten zu sparen. Er bekam für diesen Antrag im HFA eine Mehrheit.

Im Rat kritisierten SPD und CDU diese Kehrtwende, wie sie es nannten. Fonck sah sogar die Gefahr, dass das Gesicht er Stadt Schaden nehmen könnte, wenn das Projekt jetzt plötzlich abgelehnt werde.

Kunisch und Politiker des Forums argumentierten, Erinnerung und Wertschätzung manifestierten sich nicht in der Zahl der Denkmäler. Wie kontrovers die Debatte war, zeigte schließlich die Abstimmung: Mit 13 zu 13 Stimmen bei fünf Enthaltung wurde der Antrag auf Streichung des Projekts abgelehnt.

Beim Haushalts-Nachtrag war man dann schon mehr auf einer Linie. Der wurde einstimmig verabschiedet.

Angesichts der kontroversen und langen Debatte war das dann wirklich überraschend.

(RP)
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