Kranenburg/Kalkar Im Kleverland gibt es zu wenig Köche

Kranenburg/Kalkar · Restaurants klagen über einen immer größer werdenden Mangel an Fachkräften. Deshalb können sie immer weniger handwerklich gute und bezahlbare Gerichte servieren. Experten sagen: Gastro-Berufe haben ein zu schlechtes Image.

 Für seine Küche im "Cafehaus Niederrhein" in Kranenburg sucht Franz Vierboom seit Monaten dringend einen weiteren Koch.

Für seine Küche im "Cafehaus Niederrhein" in Kranenburg sucht Franz Vierboom seit Monaten dringend einen weiteren Koch.

Foto: Gottfried Evers

Franz Vierboom, der als Inhaber des "Cafehauses Niederrhein" in Kranenburg dort am Herd steht, ist Koch aus Leidenschaft. Gekocht hat er am Niederrhein und auf Sylt, in Amerika und Asien. Kochen ist für ihn "Handwerk". In seiner Küche werde keine Tüte für Fertigsoße aufgemacht oder andere Convenience-Lebensmittel verwendet. Stattdessen garantiert er seinen Gästen regionale, meist biologisch erzeugte, fair-gehandelte und frisch sowie schonend zubereitete Produkte.

Um diesen (eigenen) Anspruch erfüllen zu können, braucht Franz Vierboom in seinem Restaurant engagierte Fachkräfte. Die sind jedoch nur schwer zu bekommen. Bereits seit Januar dieses Jahres sucht Franz Vierboom einen Koch oder eine Köchin - bislang vergebens. Die Konsequenz: Der "Chef" musste das Angebot der Cafehaus-Speisekarte reduzieren. Mehr Gerichte, die dem selbst auferlegten Qualitätsanspruch entsprechen, können Franz Vierboom, eine Jungköchin und das übrige Team einfach nicht auf die Tische zaubern.

Das "Cafehaus Niederrhein" in Kraneburg ist kein Einzelfall im Kleverland. Petra Meier, die mit ihrem Mann, Koch Michael Meier, drei Restaurants am Kalkarer Marktplatz führt, leidet ebenfalls unter dem Fachkräftemangel. Auch das Angebot auf den Meier-Speisekarten musste im vergangenen Jahr reduziert werden, weil Köche und Servicekräfte fehlten. Zeitweise blieb die Küche deshalb bis 18 Uhr kalt. Lange hat die Kalkarer Gastronomen damals einen Koch zur Festanstellung gesucht. Einem Kandidaten wollten sie 100 Prozent über Tarif bezahlen. Doch der lehnte dennoch ab. Petra Meier sagt: "Der Fachkräftemangel ist für uns Gastronomen ein Riesenproblem."

Diese Einschätzung teilt der Sprecher der Dehoga - Deutscher Hotel und Gaststättenverband - in NRW, Thorsten Hellwig. Besonders problematisch sei die Lage in ländlichen Regionen. Hans Josef Kuypers von der Wirtschaftsförderung im Kreis Kleve belegt dies mit Zahlen. Im Arbeitsamtsbezirk Wesel, zu dem das Kleverland Kleve zählt, seien 117 Ausbildungsplätze in der Gastronomie unbesetzt- darunter 32 Stellen für angehende Köche.

Die Gründe für Nachwuchs- und Fachkräftemangel in der Gastronomie liegen für Fachleute auf der Hand. Der Dehoga-Sprecher Thorsten Hellwig nennt demografische Entwicklung, Akademisierung der Berufe sowie den harten Wettbewerb um "gute Köpfe und geschickte Hände". Hinzukämen unattraktive Arbeitszeiten - an Wochenenden und nach "normalem" Feierabend. Dass zu geringe Gehälter an Köche und Servicekräfte gezahlt werden, will der Vorsitzende der Dehoga-Fachgruppe Gaststätten in NRW, Heinz-Gerd Deffner, so nicht stehen lassen. "So schlecht wird in der Gastronomie nicht bezahlt", sagt er. Franz Vierboom weist hingegen daraufhin, er habe als junger Koch schon 3000 Mark netto verdient. Seine "hochtalentierte" Jungköchin bekomme derzeit laut Tarif lediglich etwa 1350 Euro netto ausbezahlt. "Ich habe damals also schon mehr verdient", sagt Franz Vierboom.

Um die Lage zu verbessern, muss laut Hans-Josef Kuypers das Image der gastronomischen Berufe aufpoliert werden. "Wer heute im Cafehaus Niederrhein eine ausgezeichnete Ausbildung zum Koch absolviert, der kann schon übermorgen Chefkoch im Hotel Überfahrt am Tegernsee sein. Und wenn er ganz clever ist, die Deutsche Nationalmannschaft bei der nächsten Weltmeisterschaft bekochen", meint der Wirtschaftsförderer des Kreises . Hans-Josef Kuypers betont: "Verbände wie die Dehoga müssen durch mehr Marketing die Attraktivität der Gastro-Berufe betonen, damit diese in die Köpfe der potenziellen Auszubildenden kommt."

Dies scheint laut Thorsten Hellwig die Dehoga erkannt zu haben. Deshalb seien in NRW "Ausbildungsbotschafter" unterwegs, die in Schulen, bei der Industrie- und Handelskammer und in Betrieben um Nachwuchs in der Küche und im Service werben würden. Dass es noch junge Leute gibt, die in der Küche Karriere machen wollen, haben Petra und Michael Meier erfahren. Sie haben in diesem Jahr drei Auszubildende in der Küche und eine im Servicebereich einstellen können. Franz Vierboom in Kranenburg sucht allerdings noch immer vergeblich nach einem Koch. Und seine Hoffnung schwindet. Höhere Gehälter ließen die geringen Gewinnspannen kaum zu, sozialere Arbeitszeiten seien in der Gastronomie kaum machbar. Franz Vierboom blickt pessimistisch in die Zukunft. Außer bei den Sterne-Köchen werde es in Zukunft wohl nur noch über Masse und möglichst niedrige Preise gehen. Diesen Weg will der Kranenburger auf keinen Fall einschlagen. Lieber gebe er sein Lokal auf und steige aufs Catering als Alternative um. Denn eines steht für den "Handwerker" fest: "Kochen werde ich weiter. Das ist sicher."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort