Hans-Josef Kuypers, Wirtschaftsförderer Des Kreises Kleve "Jede Übernachtung bringt einen Gewinn von 100 Euro"

Kleve · Herr Kuypers, Grünen-Kandidat Ramacher sagt, der Kreis ziehe wenig Gewinn aus seinen Investitionen im Bereich Tourismus. Insbesondere falle kaum Gewerbesteuer an. Ist das richtig?

Herr Kuypers, Grünen-Kandidat Ramacher sagt, der Kreis ziehe wenig Gewinn aus seinen Investitionen im Bereich Tourismus. Insbesondere falle kaum Gewerbesteuer an. Ist das richtig?

Hans-Josef Kuypers Nein, diese Wahrnehmung geht an der Realität vorbei. Der Kreis Kleve hat in den vergangenen Jahrzehnten enorm von der Tourismusförderung auf allen Ebenen profitiert. Die Zahl der jährlichen Übernachtungen hat sich innerhalb von 20 Jahren auf über 850 000 nahezu verdreifacht. Mit jeder Übernachtung ist ein regionaler Einkommensgewinn von etwa 100 Euro - insgesamt also deutlich über 80 Millionen Euro an Kaufkraft - verbunden. Und das jedes Jahr. Davon profitieren nicht nur die Hotellerie und die Gastronomie. Davon profitieren auch der Einzelhandel und der Dienstleistungssektor. Allein im Gastgewerbe sind über 6000 Menschen beschäftigt, davon etwa 2000 in Vollzeit. Das scheint uns bedeutsamer als alleinig die Gewerbesteuerbetrachtung.

Gewerbesteuer "sparen" lässt sich ja insbesondere, wenn man größere Investitionen abschreiben kann und so den Ertrag kürzt. Haben Sie den Eindruck, dass unsere Kreis Klever Hotels und Gaststätten hinreichend zukunftsorientiert sind und attraktiv für die verschiedensten Besucher?

Kuypers Eindeutig ja! Der Neubau des Rilano Hotel Cleve City ist zumindest allen Klevern geläufig. Nicht weniger bedeutsam ist die Erweiterung des See Park Hotel in Geldern mit ausgezeichneten Tagungs- und Wellness-Angeboten. Und was wäre das Wunderland Kalkar ohne die etwa 1000 Gästebetten, die in der Saison 400 Mitarbeiter beschäftigen? Low-Budget-Angebote haben sich am Airport Weeze entwickelt. Straelen, Kevelaer, Goch und Rees verfügen über ausgezeichnete Häuser. Für Familien und diejenigen, die eine private Atmosphäre für ihren Aufenthalt in unserem Kreis suchen, bieten sich die über 420 Ferienwohnungen an. Für die Reisemobilisten stehen kreisweit 32 Plätze zur Verfügung. Schließlich gibt es im Kreis noch 23 Campingplätze. Betriebe mit weniger als zehn Betten werden statistisch gar nicht erfasst. Mithin ist die tatsächliche Übernachtungszahl deutlich größer und dürfte die magische Millionen-Grenze längst überschritten haben.

Arbeitsplätze im Gastgewerbe sind allerdings momentan sehr häufig 400-Euro-Jobs . . .

Kuypers Auf die Beschäftigten bin ich ja bereits eingegangen. Ja, viele davon sind als so genannte Mini-Jobber beschäftigt, etwa 4000 der insgesamt 6000 Beschäftigten. Dies bedeutet, dass Gastronomie und Hotellerie wichtige, ergänzende Beschäftigungs- und Einkommensmöglichkeiten bieten.

Lässt sich beziffern, was die öffentliche Hand - Kreis und Kommunen - für die Entwicklung des Fremdenverkehrs ausgibt? Radwege, Beschilderungen, Veranstaltungen - führen Sie die Auflistung gerne fort! Kuypers Nein, konkrete Zahlen kann man da nicht ermitteln. Ausbau und Pflege eines Radwegenetzes für Alltags- wie Freizeitansprüche, Kultur- und Freizeitveranstaltungen, Freizeiteinrichtungen und attraktive Innenstädte bestimmen neben vielen weiteren Faktoren die Wohn- und Lebensqualität unserer Städte und Gemeinden. Eine Auflistung von Aufwendungen für Gäste einerseits und für "Einheimische" andererseits ist somit unzulässig. Selbst werbliche Maßnahmen wie Messebesuche sind zwar zunächst auf die Werbung von Gästen ausgerichtet, sie fördern aber auch die Identifikation mit der Region.

Wo sehen Sie Potenzial, was muss in puncto Tourismusförderung noch besser werden?

Kuypers Zunächst: Wir dürfen in den erfolgreichen Anstrengungen nicht nachlassen. Wir müssen als Region an der ständigen Verbesserung naturnaher Erholungs- und Erlebnisformen arbeiten. Radwandern ist unser Kern. Aber auch andere Formen wie Reiten, Paddeln, Golfen und auch Wandern sind wichtige Themen. Wir brauchen eine lebendige Kultur- und Veranstaltungslandschaft und attraktive Städte und Gemeinden. Der Kreis hat ein nahezu unerschöpfliches Reservoir an Gestaltungsmöglichkeiten. Die Herausforderung besteht darin, die Qualität stetig zu verbessern und vielseitige direkt buchbare Erlebnis-Pakete anzubieten.

Die Fragen stellte Anja Settnik

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort