Kleve Klassenkampf vorm Rathaus

Kleve · Gegen die Regelung, wie die Grundschüler auf die weiterführenden Schulen verteilt werden sollen, demonstrierten mehr als 300 Eltern und Kinder vor dem Interimsrathaus. Bürgermeisterin Sonja Northing gestand Fehler ein.

Es bewegt sich etwas. Der Protest zeigt Wirkung. Gestern zogen - nach Polizeiangaben - 300 Eltern und Kinder vor das Interimsrathaus an der Landwehr, um gegen die Schulpolitik der Stadt Kleve zu demonstrieren. Denn es geht um die Zukunft ihrer Kinder. Bis vorgestern deutete alles darauf hin, dass ein Los darüber entscheidet, auf welche weiterführende Schule Viertklässler kommen. Die CDU hat eine Sonderratssitzung beantragt. Jetzt soll erneut darüber abgestimmt werden, wie viele Eingangsklassen an den zwei Gymnasien und Gesamtschulen sowie der Realschule gebildet werden dürfen.

Der Tag war gekommen, an dem Bürgermeisterin Sonja Northing den aufgebrachten Eltern gegenüberstand. Northing war aus dem Urlaub zurückgekehrt, der ihr wenig Erholung geschenkt hatte, dafür gab's jetzt reichlich Ärger in der Heimat. Nachdem sie zunächst mit "Schön, dass ihr alle da seid" einige Sätze für den Weltfrieden formulierte, wurde sie etwas konkreter: "Ich habe nach einer ersten Einschätzung meine Meinung zu der Realschule geändert." Northing hatte diese aufgrund des öffentlichen Drucks und der zahlreichen Anmeldungen auf vier Eingangsklassen heraufgesetzt. Jetzt freue sie sich auf die Ratssitzung, so Northing.

 "Spiel des Lebens - ohne uns" - ein Plakat, das der Bürgermeisterin (vorne, Rücken zum Fotografen) entgegengehalten wird. Die Verwaltungschefin hatte für die Demo ihren Urlaub abgebrochen.

"Spiel des Lebens - ohne uns" - ein Plakat, das der Bürgermeisterin (vorne, Rücken zum Fotografen) entgegengehalten wird. Die Verwaltungschefin hatte für die Demo ihren Urlaub abgebrochen.

Foto: G. Evers

Bei Leander (9) hält sich die Freude bislang in Grenzen. Er war mit seiner Mutter, seinem Bruder und ein paar Klassenkameraden gekommen. Zur Zeit besucht er die vierte Klasse der St.-Michael-Grundschule in Reichswalde. Er möchte unbedingt im nächsten Schuljahr auf das Freiherr-vom-Stein-Gymnasium wechseln. Aber das war und ist nicht sicher. Heute feiert Leander seinen 10. Geburtstag. "Er wünscht sich nur eins, eine Zusage vom Stein", sagt Mutter Kerstin. Ferdinand (9) und Raphael (10) stehen vor dem Rathaus und halten ein Schild in die Luft. Aufschrift: "Lotterie - lasst das sein, ich will zum Stein." Falls es nicht klappt, will Ferdinand versuchen, auf der Gaesdonck einen Platz zu bekommen. "An unseren Noten kann es nicht liegen, wenn wir am Stein nicht angenommen werden", sagt er.

Cornelia van Dijk und Renate Heeks hatten die Demo organisiert. Aus der RP erfuhren sie, dass es zu einem Losverfahren kommen sollte. "Ich habe mich daraufhinbeim Schulamt gemeldet. Dort sagte man mir schlicht, dass man daran auch nichts ändern könne." Am Ende des Gesprächs erklärte van Dijk: "Sie hören noch von uns." Und das war gestern.

Vor dem Rathaus sammelten Eltern sowie Lehrer Unterschriften gegen das Verteilungsverfahren. Einer von ihnen war Stephan Wingels. Sein Sohn geht in die 3. Klasse der St.-Antonius-Grundschule in Hau. Dennoch engagiert sich Wingels bereits jetzt: "Ich will lieber schon jetzt dafür sorgen, dass es im nächsten Jahr nicht wieder zu so einem Chaos kommt." Der Mann fordert Verlässlichkeit über einen längeren Zeitraum. Denn in Kleve lautet die aktuelle Regel - auf den Fußball übertragen: Man denkt nur von Spiel zu Spiel.

(jan)
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