Kleve

Kleve · Im Interview erzählt Maurus Schneider, der hier seit Juli Pfarrer zur Aushilfe ist, von seinem Leben und seinem früheren Wirken in Brasilien.

 Pfarrer Maurus Schneider kam aus Brasilien an den Niederrhein.

Pfarrer Maurus Schneider kam aus Brasilien an den Niederrhein.

Foto: G. Evers

Kranenburg / Kleve Maurus Schneider ist seit dem 1. Juli Pfarrer zur Aushilfe für die Kirchen in Nütterden, Frasselt und Mehr. Ab Oktober wird der deutschstämmige Brasilianer in St. Willibrord Kleve mit dem Wohnsitz in Rindern tätig sein. RP-Mitarbeiter Werner Stalder sprach mit dem promovierten Mathematiker und gleichzeitigen Theologen, der zur Zeit eine Wohnung auf dem Wolfsberg in Nütterden hat.

Erzählen Sie bitte etwas aus Ihrem Lebenslauf.

Maurus Schneider Meine Eltern, beide Ärzte, sind 1951 auf Einladung eines befreundeten Priesters, Otto Sailer, nach Brasilien ausgewandert. Gleich dort angekommen, bin ich geboren worden. Vier meiner Geschwister sind von hier, vier weitere sind drüben geboren. Meine Eltern haben dort, in der Ortschaft Taquaritinga do Norte, wo wir zuerst wohnten, die Kindersterblichkeit drastisch heruntersenken und viel Gutes tun können. Doch bei einer so großen Familie mussten sie, um uns allen ein Studium zu ermöglichen, 1965 nach Deutschland zurückkehren. In Aachen habe ich Abitur gemacht, in Hamburg Mathematik studiert, in Münster das Diplom in Theologie erlangt und in Florianópolis die Universa bestanden. Der Fokolarbischof Reinhard Pünder, hat mich 2004 in Coroatá zum Priester geweiht.

Was hat Sie nach Deutschland und in die Gemeinden im Klever Land geführt?

Schneider Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, alle zwei Jahre nach Deutschland zu kommen und zwei Monate Urlaub zu nehmen, wobei ich in einem Monat immer eine Ferienvertretung in einer Pfarrei übernahm. Nach ungeschriebenem brasilianischem Recht, aber sehr von der brasilianischen Bischofskonferenz empfohlen, können die Priester nach zehn Jahren Dienst ein Sabbatjahr nehmen. Ich habe schon lang damit gerungen, bis mir jetzt, kurz vor meinem Abflug, mein Bischof, Dom Sebastião Bandeira Coelho, es mir diesmal gewährte. Und dann habe ich eben Münster, was mein geliebter Studienort war, ausgewählt. Unser Bischof Felix Genn hat mich als Interimspfarrer für den emeritierten Pastor Kallunkamakal ernannt, demnächst soll ich Pastor Julian Jitaru in Kleve vertreten.

Wie sieht Ihre Wirkungsstätte in Brasilien aus?

Schneider Ich habe zuerst einmal die Pfarrei Itapecuru mit 150 Gemeinden bekommen, musste dann aber noch zusätzlich Anajatuba mit 60 Gemeinden übernehmen. Von einem Ende zum anderen sind es etwa 120 Kilometer, und die Straßenverhältnisse sind so, dass man vielfach nur in der Trockenzeit mit dem Wagen fahren kann. Es ergab sich, dass ich gerufen wurde mit Coroatá eine weitere Pfarre zu übernehmen, die kleinere Anajatuba mit etwa 25.000 Einwohnern aber behielt. So musste ich musste jede Woche 180 Kilometer hin und zurück.

Die katholische Kirche in Brasilien leidet stark unter Sekten. Spüren Sie das in Ihren Gemeinden auch?

Schneider Es war ein großes Anliegen von Bischof Pünder, das Bistum unabhängig von den Spenden aus dem Ausland zu machen. Das Volk sollte merken, dass es selber für den Unterhalt ihrer Kirche aufkommen muss. In Brasilien gibt es ja keine Kirchensteuer. Wir erleben aber, dass die Familien die "Padres Brasileiros" der Igreja Católica Apostólica Brasileira (ICAB), und der autodeklarierten "Vetero Católicos" rufen. Diese Männer, obwohl sie weder Priester noch Altkatholiken sind, spenden unter teurer Bezahlung die "Sakramente", und täuschen das Volk mit pompöser Liturgie. Es ist ein fast aussichtsloses Unterfangen, den Menschen klar zu machen, worauf sie sich da einlassen. Das Gleiche gilt für all die hunderten Sekten, die, von den USA unterstützt, hohen Zulauf finden. Sie nutzen die Armut des Volkes aus, um eine Religion des Wohlstands zu predigen, im Grunde aber nur mit dem Namen Jesu und der Bibel ihren Geschäfte betreiben. Die Gier nach Reichtum, der Konsum von Drogen, die Prostitution und Gewalt, tun ihr übriges für das Wachsen einer atheistischen Gesellschaft.

Haben Sie Mitarbeiter, Diakone, Ordensschwestern und Laien, die Sie unterstützen?

Schneider Das das A und O der brasilianischen Pastoral ist die Laienarbeit. Die ganze Katechese ist in ihrer Hand. In einem Land, wo Musik, Kunst und Religionsunterricht vollkommen aus der Schule verbannt wurden, selbst Fremdsprachen nur auf Sparflamme funktionieren, muss man schon dankbar sein für jeden Beitrag, den die Gläubigen aus Liebe tun. Nach fünfjähriger Ausbildung sind vor zwei Jahren vier Männer aus unseren Reihen zu ständigen Diakonen geweiht worden, die in jeglicher Hinsicht Hervorragendes leisten. Nicht nur, dass sie Taufen, Hochzeiten und Segnungen assistieren, sondern eben ins Landesinnere fahren und Zelebrationen mit Katechese halten. Kommunionhelfer durften bei uns schon immer das Allerheiligste zu ihren Gemeinden mitnehmen. Und das ist die beste Medizin gegen all die Übel, die uns von überall her bedrohen: die Gemeinschaft am Heiligen zu pflegen.

(RP)
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