Kleve Klever fordert achtsamen Umgang mit seiner Stadt

Kleve · Restaurator Clemens Giesen setzt sich für eine Architektur und Stadtplanung ein, die kulturelles Erbe bewahrt. Der Rat stimmt heute über eine Gestaltungssatzung ab – Giesen und anderen reicht das nicht.

 Die Magnolie und eine Traueresche, die in der Baumschutzsatzung aufgeführt war, sind im Garten an der Heldstraße gefällt worden, um dort bauen zu können.

Die Magnolie und eine Traueresche, die in der Baumschutzsatzung aufgeführt war, sind im Garten an der Heldstraße gefällt worden, um dort bauen zu können.

Foto: privat

Restaurator Clemens Giesen setzt sich für eine Architektur und Stadtplanung ein, die kulturelles Erbe bewahrt. Der Rat stimmt heute über eine Gestaltungssatzung ab — Giesen und anderen reicht das nicht.

Vier Jahre lang hat Clemens Giesen in Florenz die Kunst zu restaurieren erlernt. Kulturelles Erbe — in welcher Form auch immer — zu bewahren, ist seine Leidenschaft. 1987 kehrte der Klever in seine "geliebte Heimatstadt" am Niederrhein zurück — und blieb seither dort. Obwohl er sagt: "Es ist eine Schande zu sehen, wie die Stadt Kleve mit ihrem kulturellen Erbe umgeht."

Erst vor wenigen Tagen musste der Restaurator wieder diese Erfahrung machen. Bei einem Spaziergang an der Heldstraße sah er mit Schrecken, dass vor einer dort stehenden Villa "Kleves größte und älteste Magnolie" nicht in prachtvoller Blüte stand — sie war gefällt worden. Offensichtlich, damit dort gebaut werden kann.

"So etwas darf nicht passieren. Es gibt eine Baumschutzsatzung — aber da stand die Magnolie nicht drin, da sie nicht als Baum, sondern als Busch gilt. Die Magnolie, der ganze Garten, gehört aber zu der Villa. Villen samt ihrer Gärten und Parks — das ist ein Teil von Kleves kulturellem Erbe", meint Clemens Giesen.

Die Villa an der Heldstraße ist kein Einzelfall. Der Restaurator nennt eine Reihe vergleichbarer "Sünden": Villa Bernauer, Villa Nova, Villa Belriguardo. Nicht nur Gebäude müssten seiner Meinung nach denkmalgeschützt sein — auch Gärten und alles, was dazugehört.

Kritisch sieht Clemens Giesen auch den Neubau-Boom in seiner Heimatstadt. Die wenigsten Objekte würden von guten Architekten geplant. Es herrsche vielmehr ein Einerlei von Klinkerfassaden in Rot-lila — mit einem Penthouse oben drauf. "Das finden viele jetzt noch spannend, aber in 20 Jahren wird es nur noch langweilig sein. Man wird sagen: 'Was habt ihr da für einen Mist gebaut'", sagt der Restaurator.

Dabei sieht der Klever auch Positives in seiner Heimatstadt. Beispielsweise das Kurhaus oder der Neubau an der Küfenstraße 11. "Das ist modern und hat Qualität", lobt Clemens Giesen. Die guten Beispiele seien jedoch fast immer auf die Privat-Initiativen zurückzuführen. "In der Klever Verwaltung und Politik gibt es zu wenige Leute mit der nötigen Weitsicht", meint der Restaurator. Wirtschaftliche Interessen stünden oft im Vordergrund. Auch deshalb ist er für die Einrichtung eines kompetent besetzten Gestaltungsbeirates, der nicht stur nach einer allgemein gefassten Gestaltungssatzung entscheide, sondern der sich individuell mit der Ästhetik von Gebäuden und Straßenzügen befasse und Empfehlungen gebe.

Seit Jahren fordern in Kleve auch Andere einen Gestaltungsbeirat. Seit Jahren werden entsprechende Anträge der "Offenen Klever" vom Rat, der heute über eine neue Gestaltungssatzung abstimmen wird, jedoch abgelehnt.

"Die Gestaltungssatzung ist ein erster Schritt in die richtige Richtung", meint Andreas Stürmer, Gebietsreferent beim Rheinischen Amt für Denkmalpflege. Bei einem Gestaltungsbeirat, dem zweiten Schritt, sei großer Wert auf die Zusammensetzung zu legen. Zugleich empfiehlt Andreas Stürmer, eine bereits bestehende Liste von 100 bis 200 denkmalwürdigen Objekten in Kleve "kontinuierlich zu überprüfen". Damit würde "Rechtssicherheit" geschaffen.

Die Klever Geschäftsfrau Susanne Rexing rät, einen Gestaltungsbeirat mit kompetenten Klevern und Auswärtigen zu besetzen, die Verwaltung und Politik Anregungen geben sollten. Als "längst überfällig" bezeichnet der Klever Architekt Werner van Ackeren, der zahlreiche denkmalgeschützte Häuser restauriert hat, einen Gestaltungsbeirat in Kleve. Beispiele aus Kalkar, Rees und Wesel zeigten, wie sinnvoll ein solches Gremium arbeiten könnte. Zudem mahnt der Architekt, dass diese Entscheidung über Parteigrenzen hinweg gefällt werden sollte. "Wir sind alle Klever und müssen etwas für die Stadt tun", meint Werner van Ackeren.

Clemens Giesen erwartet nicht, dass der Rat der Stadt Kleve — heute oder in absehbarer Zeit — für einen Gestaltungsbeirat stimmt. Der Restaurator, der Mitglied der "Offenen Klevern" ist, glaubt in seiner Heimatstadt auf politischer Ebene nichts für seine Leidenschaft, kulturelles Erbe zu bewahren, erreichen zu können. Er hat einen anderen, eigenen Weg gefunden. Vor Jahren kaufte der Restaurator ein heruntergekommenes Haus auf der Römerstraße und sanierte es denkmalwürdig. Trotz aller Enttäuschung verspricht Clemens Giesen jedoch auch: "Wenn man mich fragt, würde ich zu jedem wichtigen Altbau-Projekt meinen Rat geben — kostenlos."

(RP)
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