Kleve Klever sagen "Nein" zur Sexualgewalt

Kleve · Bei einer Unterschriftenaktion zur Verschärfung des Sexualstrafrechts in Deutschland kamen 233 Namen im Bürgerbüro Kleve zusammen. Sie werden mit einem offenen Brief an die Mitglieder des Bundestags geschickt.

Seit gestern muss sich erstmals ein Angeklagter wegen eines Sexualdelikts nach den massenhaften Übergriffen in der Silvesternacht in Köln vor Gericht verantworten. Hunderte Frauen sollen in der Nacht von Männern umzingelt, bestohlen und sexuell genötigt worden sein. Ein Fall, der hohe Wellen schlägt: Immer mehr Forderungen werden laut, das Sexualstrafrecht in Deutschland für mehr Schutz von Frauen zu reformieren.

Auch die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Kleve, Yvonne Tertilte-Rübo, dringt auf einen grundlegenden Paradigmenwechsel in der Gesetzgebung. "Es ist unfassbar, dass in Deutschland das Eigentum eines Menschen besser geschützt ist, als die körperlichen Grenzen der sexuellen Selbstbestimmung", sagt sie. "Stehle ich jemanden die Handtasche, dann ist das eine Straftat. Greife ich jemanden an die Genitalien ist dies keine", verdeutlicht sie.

Im Rahmen der bundesweiten Aktion "Nein heißt Nein!" rief Tertilte-Rübe daher in Zusammenarbeit mit dem "Runden Tisch für ein gewaltfreies Zuhause Kleve" zur Unterschriftenaktion im Bürgerbüro auf. 223 Namen sind innerhalb von drei Wochen zusammengekommen. Diese werden nun mit einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Mitglieder des Deutschen Bundestags verschickt. Darin heißt es: Der Entwurf von Justizminister Heiko Maas für eine Verschärfung des Sexualstrafrechts sei ein erster Schritt in die richtige Richtung. Er schließe einige Schutzlücken. "Leider vollzieht er aber keinen grundlegenden Paradigmenwechsel. Das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung ist auch weiterhin nicht an sich geschützt."

Straffrei blieben demnach Übergriffe, auch wenn das Opfer seinen Gegenwillen bekundet und der Täter sich darüber hinweggesetzt hat. Vor Gericht bliebe das Verhalten des Opfers und nicht des Täters maßgeblich. Konkret bedeutet das: Nach wie vor müssten die Opfer einer Vergewaltigung vor Gericht belegen, dass sie sich gegen den Täter gewehrt haben. Ein erkennbares "Nein" allein reiche nicht aus. Das müsse aber reichen, meint Tertilte-Rübe und verdeutlicht dies mit einem tatsächlich ereigneten Fall.

Ein junges Mädchen wurde von einem deutlich älteren Mann zum Sex gedrängt. Mehrmals habe sie nein gesagt, gefleht aufzuhören und geweint. Vor Angst erstarrt, setzte sie sich aber nicht körperlich zur Wehr. Der Täter kam frei. "Die Frage darf nicht sein, ob das Opfer sich gewehrt hat, sondern ob der Täter seine Tat gegen den erklärten Willen des Opfers durchgeführt hat", betont die Gleichstellungsbeauftragte.

Nicht zum ersten Mal initiierte sie eine Unterschriftenaktion in Kleve zur Änderung der Gesetzeslage. 2014 kamen in Kooperation mit der Menschenrechtsorganisation Terre des Femme kreisweit mehr als 700 Namen zusammen. 2015 wurden im Zuge des Aufrufs für mehr finanzielle Unterstützung der Frauennothilfestellen 190 Stimmen gesammelt. Passiert ist jedoch nichts. Nun, nach den Ereignissen in Köln, erhofft sich Tertilte-Rübe mehr Resonanz.

(beaw)
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