Kleve Klever Singgemeinde mit mächtiger Aufführung

Kleve · Für ihre Interpretation der Bach-Messe wurde der Chor mit einem minutenlangem Applaus belohnt.

Bachs h-Moll Messe gehört wohl nicht nur wegen des umfangreichen Instrumentariums und seiner den liturgischen Rahmen sprengende Länge, sondern auch wegen der unüblichen fünfstimmigen Vokalbesetzung zu einer der größten Messkompositionen überhaupt. Die Kühnheit und die musikalische Größe des Thomaskantors haben die Menschen in Leipzig damals überhaupt nicht erfassen können, und so wurde die h-Moll Messe wohl auch nie von Bach selbst aufgeführt.

Unter der Gesamtleitung von Stefan Burs kam sie jetzt mit der Städtischen Singgemeinde Kleve in der St. Willbrord-Kirche Kellen zu Gehör. Mit dem über 80 Sänger und Sängerinnen starken Chor, der Camerata Louis Spohr und den Solisten Irina Simmes (Sopran I), Yvonne Lamik (Sopran II), Ester Borghorst (Alt) sowie Markus Ullmann (Tenor) und Christian Palm (Bass) gelang eine mächtige, würdevolle Aufführung.

Diesen Gesamteindruck formten viele strahlende, innige und dynamische Momente in dem zweistündigen Werk: Schon im Eingangs-"Kyrie" präsentierten sich das Solisten-Quintett und Chor zusammengefasst, das "Gloria" erstrahlte prächtig mit Pauken und Trompeten und entlockte den Choristen selbst während des Singens ein Lächeln. "Et in terra" mit Solisten und Chor wurde majestätisch umgesetzt; Burs ließ die Singgemeinde jubilieren und lobpreisen.

Die Solo-Stimmen waren gut besetzt und verliehen ihren Parts einen beseelten Klang. Das "Dominus Deus" gelang als geschmeidiges Duett von Sopran, Tenor und Flöte; besonderer Höhepunkt auch die Solo-Flöte im "Benedictus" mit Ullmanns Tenor-Solo. Musik und Text wurden von den Interpreten ernst genommen und in ihrer ästhetischen und spirituellen Bedeutung ausgelotet. Die Artikulation des Orchesters gelang sorgfältig, Seufzermotive etwa im "Et incarnatus" und im "Agnus Die" wurden deutlich herausgestellt.

Es gefielen die solistischen Leistungen in den obligat begleiteten Arien, dynamisch kontrolliert und federnd im Continuo. Stefan Burs hielt diese bewegenden Momente gut zusammen, agierte deutlich und ebenso konzentriert wie Chor und Musiker. So wirkte seine Interpretation fundamental und unumstößlich, vor allem wenn die Worte des Chores auf den gewichtigen Pfeilern einer akustischen Kathedrale zu ruhen schienen.

Auch die Solisten wussten sich diesem Klangbild hervorragend anzupassen. Besonders gefiel die Strahlkraft von Irina Simmes mit leichtem und höhensicherem Sopran, aber auch Lammik glänzte in der Sopranarie "Laudamus te". Homogen fügte sich der lyrische Tenor Christoph Ullman ein, große Momente bescherten auch Altistin Borghorst wie im "Qui sedes" und Bass Palm im "Et in Spiritum Sanctum".

In einem klaren und präsenten Klangbild mit einer überzeugenden Tiefenstruktur intonierten alle Beteiligten beispielhaft. Strahlend erfüllte das "Osanna" den Kirchenraum, bis Burs das "Dona nobis pacem" fulminant im letzten Ton verklingen ließ. Minutenlange stehende Ovationen galten der hervorragenden Leistung.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort