Kleve Klever Wirte: Volk soll Rauchverbot kippen

Kleve · In der Kreisstadt sind zwölf Kellner wegen der Umsatzverluste aufgrund des Nichtraucherschutzgesetzes gekündigt worden. Die Gastronomen erteilten Hannelore Kraft nun ein "Hausverbot" und streben ein Volksbegehren an.

 Mit Plakaten machen die Klever Wirte ihren Protest gegen das Nichtraucherschutzgesetz sichtbar.

Mit Plakaten machen die Klever Wirte ihren Protest gegen das Nichtraucherschutzgesetz sichtbar.

Foto: Gottfried Evers

Der gestrige Tag, der Welt-Nichtrauchertag, am 31. Mai 1987 von der Weltgesundheitsorganisation WHO ausgerufen und seitdem jedes Jahr begangen, war für Marina Z. (Name von Redaktion geändert) ein trauriger Tag. Es war der letzte Arbeitstag für die 47 Jahre alte Kellnerin, die seit 23 Jahren in dem Beruf gearbeitet hatte, in einem Klever Restaurant. Der Inhaber des Lokals hatte Marina Z., die er 2011 eingestellt hatte, zum heutigen Tag die Kündigung ausgesprochen.

Der "Chef" war nicht unzufrieden mit der Leistung der 47-Jährigen. Der Grund für ihre Entlassung war ein anderer: Seit Inkrafttreten des Nichtraucherschutzgesetzes in NRW am 1. Mai 2013 kommen weniger Gäste. Deshalb hat Marina Z. seit heute keine Arbeit mehr.

Die 47-Jährige kann die Entscheidung ihres Chefs nachvollziehen. "Ich habe ja selbst gesehen, was seit dem 1. Mai passiert. Da braucht man nicht mehr so viele Bedienungen — man nimmt zu wenig ein, um sie bezahlen zu können", sagt die Entlassene. Seit die Raucher unter den Gästen sich nach dem Essen oder zum Bier keine Zigarette mehr anzünden dürfen, blieben viele Zuhause, berichtet die Serviererin. "Oder sie essen ganz schnell etwas und sind dann ganz schnell wieder weg. Früher bleiben viele noch auf ein, zwei Bier und rauchten dabei. Das waren die Umsätze, die sich lohnten", meint die Kellnerin.

Dass ihr Chef sie angesichts der Umsatzeinbußen durch das Inkrafttreten des Nichtraucherschutzgesetzes nicht mehr bezahlen konnte, kann die 47-Jährige verstehen. Dass die NRW-Landesregierung das strikte Rauchverbot erlassen hat, ohne sich Gedanken über das daraus resultierende Schicksal von Menschen wie ihr Gedanken zu machen, versteht Marina Z. nicht.

Nahezu hoffnungslos blickt die Kellnerin in die Zukunft. Seit sie von ihrer bevorstehenden Entlassung erfahren hat, hat sie sich bei einer ganzen Reihe von Klever gastronomischen Betrieben beworben — schriftlich, persönlich, telefonisch. Doch sie bekam nur Absagen.

"Die Situation ist überall gleich — alle Wirte verlieren Kunden, und haben deshalb zu viele Mitarbeiter", sagt Marina Z. Die Serviererin weiß keinen Ausweg. Eventuell will sie in eine Großstadt ziehen, da sie dort bessere Einstellungschancen sieht. Andererseits weiß die Alleinstehende jetzt schon nicht, wie sie ohne Arbeitseinkommen die 400 Euro Mietkosten für ihre Wohnung in Kleve aufbringen soll. In einer Großstadt müsste sie für ein Dach überm Kopf noch mehr bezahlen.

Marina Z. ist kein Einzelfall. Sie kennt eine Reihe von Kollegen und Kolleginnen, die ebenfalls wegen Umsatzrückgängen in ihren Betrieben gekündigt worden sind.

Ein Zusammenschluss von Klever Gastronomen hat gestern Ergebnisse einer anonym durchgeführten Befragung in Klever Kneipen zu den Auswirkungen des Nichtraucherschutzgesetzes veröffentlicht. Demnach hält die Hälfte der Wirte die Umsatzeinbrüche von 15 bis 40 Prozent für "existenzbedrohend". Laut Befragung mussten zwölf Mitarbeitern von gastronomischen Betrieben deshalb gekündigt werden.

Tatenlos wollen die Klever Gastwirte nicht zu sehen, wie Existenzen — ihrer Meinung nach — durch das strikte Rauchverbot vernichtet werden. "Symbolisch" erteilten die Wirte ein Lokalverbot für Hannelore Kraft und die gesamte rot-grüne NRW-Regierung. Entsprechende Plakate sollen ab sofort in den Klever Kneipen ausgehängt werden.

Nicht nur mit Plakaten, auch mit Taten wollen die Gastronomen ihre letzte Chance wahrnehmen, dass Nichtraucherschutzgesetz in NRW noch zu ändern. Sie streben ein Volksbegehren an. Das hat bisher in NRW laut Branchenverband Dehoga noch keiner versucht. Laut eigenen Angaben sind in nur einer Woche 1500 Unterschriften dafür zusammen gekommen. Zudem gebe es positive Reaktionen von Wirten aus Goch, Wesel, Uedem und anderen Kommunen. Rainer Vogt, einer der Sprecher der Klever Wirte, teilt mit: "Alle wollen mitmachen."

Der Klever Gastronom sieht Chancen, die für ein Volksbegehren oder einen Volksentscheid nötige Zahl an Stimmen (Unterschriften) zu erhalten. Die Aktion soll mit der Gewerkschaft Dehoga abgestimmt werden. Der Geschäftsführer der Dehoga Nordrhein, Rainer Spenke, dämpft jedoch den Optimismus der Klever, in dem er sagt: "Für ein Volksbegehren braucht es in NRW etwa eine Millionen Stimmen. Bislang sind unsere Aktionen bei etwa 60 000 Unterschriften hängengeblieben."

(RP/rl/ac)
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