Kleverland Kleves Altrhein droht Verschlammung

Kleverland · Der Pegel des Rheins liegt derzeit etwa bei einem Meter - halb so viel wie normal. Bereits sechs Schiffe sind in den vergangenen Wochen am Niederrhein auf Grund gelaufen. Fische gelangen nicht zu Laichgründen. Kolke geschädigt.

 Mancherorts ist das Problem besonders deutlich. So wie hier am Altrhein, am Klever Yachthafen in der Nähe der Brienener Schleuse.

Mancherorts ist das Problem besonders deutlich. So wie hier am Altrhein, am Klever Yachthafen in der Nähe der Brienener Schleuse.

Foto: Gottfried Evers

Kurt Pieper ist ratlos. "Bisher ging es noch für Boote mit niedrigem Tiefgang, jetzt ist der kritische Wasserstand aber erreicht", meint der Geschäftsführer des Wassersportclubs Kleve. Wenn er die derzeitige Situation im Altrhein beschreiben soll, fällt ihm nur eines ein: "Ganz schlecht." Die meisten Boote kämen weder herein noch heraus. "Im Bereich Vossegatt soll der Pegelstand sogar nur bei 60 Zentimetern liegen. Da versandet und verschlammt alles", sagt Pieper. Alles was man jetzt noch machen könne, sei hoffen. "Uns helfen keine Regenschauer über ein oder zwei Tage in Kleve. Was wir brauchen, ist dauerhafter Regen im Süden Deutschlands", sagt Pieper. Ansonsten gehe für die Schifffahrt im Altrhein auch in den kommenden Tagen und Wochen gar nichts mehr.

Im Rhein sieht die Situation nicht viel besser aus. "Der Pegelstand bei Emmerich liegt derzeit etwa bei einem Meter", sagt Bernhard Schlüß, Geschäftsführer des Deichverbands Xanten - Kleve. Normal sei mindestens das Doppelte, zwei bis zweieinhalb Meter. "Schiffe müssen jetzt beim Beladen besonders darauf achten, nicht zu viel Tiefgang zu bekommen", sagt Schlüß.

Normalerweise sei der Wasserstand im Frühling dank Niederschlag und Schmelzwasser aus den Alpen eher zu hoch als zu niedrig. Derzeit ist aber genau das Gegenteil der Fall. Dass manch ein Kapitän die Lage unterschätzt, bestätigt auch die Wasserschutzpolizei in Emmerich. "In den vergangenen Wochen hatten wir sechs Festfahrungen, allein zwischen Kilometer 837 und 857", sagt ein Sprecher. Das entspricht der Strecke zwischen Rees und den Ölwerken Spyck in Salmorth. "Dabei hat es zum Glück aber keine Verletzten, oder gar eine Leckage gegeben", meint der Sprecher.

Gerade ein Leck könnte zu großen Umweltschäden führen. Die Natur ist aber auch jetzt schon durch das Niedrigwasser belastet. "Manche Fischarten benötigen Hochwasser, um in umliegende Gewässer zu gelangen, in denen sie dann laichen können", erklärt Friederike Stelzner von der Nabu-Naturschutzstation in Kranenburg. Ist der Pegel so niedrig wie derzeit, kommen die Fische aber erst gar nicht in die umliegenden Gewässer. "Wenn die nicht eh schon ausgetrocknet sind", meint Stelzner. Die Fische haben allerdings noch mehr als einen Monat Zeit, um ihren Laich abzulegen. Ist der Pegelstand dann immer noch zu niedrig, wird es richtig kritisch.

Während manche Flüsse eher von Niederschlag, andere hingegen von Schmelzwasser abhängig sind, ist der Rhein auf beides angewiesen. Für die jetzige Situation ist eine Besonderheit verantwortlich: "Erstens hat es in den vergangenen Wochen und Monaten viel zu wenig geregnet. Zweitens fehlt aufgrund des milden Winters auch ein Teil des Schmelzwassers", erklärt Friederike Stelzner. Doch nicht nur für Tiere, die im Wasser leben, ist die Situation bedrohlich. Auch die Flora und Fauna am Ufer ist auf ausreichend Wasser angewiesen. "Feuchtwiesen und -gebiete sind derzeit auch viel zu trocken. Vögel stochern dort normalerweise nach Insekten und Larven im feuchten Grund. Das ist derzeit aber nicht möglich. Und wenn, dann nur mit größter Mühe", erklärt die Nabu-Fachfrau. Auch die Rindersche Kolke würden durch die Trockenheit dauerhaft geschädigt. "Bestimmte Pflanzenarten können sich dann gar nicht erst ausbilden", meint sie.

Wenigstens Deichverbands-Geschäftsführer Bernhard Schlüß nimmt es im wahrsten Sinne des Wortes mit trockenem Humor: "Zumindest können mit der Situation jetzt besser umgehen, als wenn das Wasser über die Deiche kommen würde", meint er.

Auch wenn es gestern Dauerregen im Kleverland gab. Die Pegel-Prognosen des Elektronischen Wasserstraßen-Informationsservices machen für die nächsten Tagen wenig Hoffnung, dass sich die Situation an Rhein und Altrhein rasch entspannen wird. Betrug der Pegelstand Emmerich gestern 105 Zentimeter, so erwarten die Experten für heute (109 Zentimeter) sowie für morgen und nur geringe Steigerungen auf 119 Zentimeter.

Doch damit ist immer noch weitaus mehr Wasser im Rhein als am 1. Oktober 2003. Damals wurde mit 28 Zentimetern der niedrigste bekannte Pegelstand in Emmerich gemessen.

(lukra)
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