Kranenburg Kranenburg lockt Arzt mit 25.000 Euro

Kranenburg · Der Ärztemangel im Kleverland spitzt sich weiter zu. Mit allen Mitteln versucht die Gemeinde Kranenburg, einen Hausarzt für die Kommune zu gewinnen und bietet sogar Geld aus der Gemeindekasse an.

 In das neue Ärztehaus an der Tiggelstraße 4 in Kranenburg sind die Mediziner im Juni diesen Jahres eingezogen.

In das neue Ärztehaus an der Tiggelstraße 4 in Kranenburg sind die Mediziner im Juni diesen Jahres eingezogen.

Foto: Klaus-Dieter Stade

In Kranenburg bekommt ein Arzt Geld aus der Gemeindekasse: 25.000 Euro erhält ein Mediziner, der sich dafür entscheidet, eine Praxis in der Grenzgemeinde zu eröffnen. Diese Summe steht im Haushalt der Kommune und bleibt dort auch bis die Mangelerscheinung behoben ist. Neben diesen 25.000 Euro gibt es dieselbe Summe vom Land dazu, so dass der Arzt mit 50.000 Euro starten könnte.

Die Maßnahme, mit Geld aus der Gemeindekasse einen Allgemeinmediziner davon zu überzeugen, sich in einer Kommune niederzulassen, ist ungewöhnlich. "Ich kenne keine Stadt, die mit eigenen Mitteln dafür wirbt, fehlende Hausärzte für sich zu gewinnen", sagt Karin Hamacher, Pressereferentin der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO). Man könne keine Kommune verpflichten, sich attraktiv darzustellen, so die Pressereferentin, die wenig überraschend feststellt: "Ländliche Regionen werden von jungen Ärzten als eher trostlos eingestuft." Die Sprecherin betont, dass es in Mecklenburg-Vorpommern gar keine Ärzte mehr auf dem Land gebe.

Das Thema "Praxis ohne Landarzt" wird im Kreis Kleve immer in Kombination mit der ernüchternden Erkenntnis verbunden, dass daran nur schwer etwas zu ändern sei. Aufgrund der Zeit, die seit der intensiven Suche nach Hausärzten für ländliche Regionen vergangenen ist, dürften alle Bemühungen auch in Zukunft eher erfolglos bleiben. Seit Jahren machen sich Politik, Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein und Krankenkassen gegenseitig für die Situation verantwortlich.

In der Gemeinde Kranenburg wird die Situation der ärztlichen Versorgung als "gefährdet" eingestuft. 2008 wanderte ein Allgemeinmediziner aus der Kommune ab. Derzeit gibt es nach Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein zwei volle Hausarztstellen, die für die Gesundheit der Bürger in der Flächengemeinde verantwortlich sind. Zudem praktiziert eine Kinderärztin in Kranenburg.

Zu wenig, wie die KVNO-Sprecherin zugibt. Eine gesetzlich vorgeschriebene Bedarfsplanung soll eine möglichst gleichmäßige Verteilung der zugelassenen Ärzte sorgen. Die Wunschvorstellung: Auf 1688 Einwohner soll ein Hausarzt kommen. Vergleicht man die Versorgung in der Gemeinde Kranenburg mit den zweifellos ambitionierten Zielen, so fällt die Bilanz ernüchternd aus. Die zwei Mediziner müssten demnach bei 10.000 Einwohnern jeweils 5000 Patienten versorgen. In einigen Regionen dürfen sich entweder keine Hausärzte mehr niederlassen oder es ist vorgeschrieben, wie viele freie Plätze es dort gibt. In dem von der KVNO als Mittelbereich zusammengefassten Kommunen Kleve, Bedburg-Hau, Kalkar und Kranenburg können sich derzeit noch so viele Allgemeinmediziner niederlassen wie der Markt hergibt. Mengenbeschränkung: keine.

Nicht erst seit gestern versucht Kranenburgs Bürgermeister Günter Steins, die ärztliche Versorgung in der Gemeinde zu verbessern. Mit überschaubarem Erfolg. "Ich bin schon mit Medizinern durch Kranenburg gelaufen, habe ihnen mögliche Gebäude für eine Praxis gezeigt. Alles ohne Erfolg. Ebenso verliefen auch die Gespräche mit der Kassenärztlichen Vereinigung", sagt der Behördenleiter. Man wolle willigen Mediziner bei der Suche nach Haus oder Grundstück behilflich sein, doch hätten alle Bemühungen nicht gefruchtet, so Steins, der das Thema "Land sucht Arzt" bald nicht mehr hören kann: "Wenn die Rahmenbedingungen negativ sind, hilft auch die Förderung nicht. Die 50.000 Euro können nur ein Anreiz sein. Es macht immer weniger Spaß."

Auch wenn die beiden Kranenburger Hausärzte alles dafür tun, eine möglichst optimale Versorgung zu gewährleisten, so steht eins fest: Zumindest das System ist krank.

(RP)
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