Kranenburg Pädophiler wohnt in Kita-Nähe

Kranenburg · Kranenburger Eltern machen sich Sorgen. Seit August wohnt ein Kinderschänder in der Gemeinde, der in den Niederlanden zu einer langen Haftstrafe verurteilt worden war. Die Polizei beschreibt den Mann als offen und kooperativ.

Wie kann man Kinder vor Pädophilen schützen?
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Foto: dpa, fdt

Zu sechs Jahren Gefängnis hatte ein niederländisches Gericht den Kinderschänder Benno L. verurteilt. Der 65-jährige Deutsche hat seine Strafe verbüßt. Vor zwei Monaten ist der Mann aus den Niederlanden nach Kranenburg gezogen. Im Haus gegenüber wohnen junge Familien, eine Kindertagesstätte ist direkt in der Nachbarschaft. Seit Tagen ist der Mann nicht nur in den Kitas der Gemeinde ein Thema. Eltern sind beunruhigt.

"Ich mache mir große Sorgen. Die Angst um meine Kinder ist in dem Fall größer, als das Verständnis für den Mann, der seine Strafe verbüßt hat und jetzt offenbar hier ein neues Leben beginnen will", sagt eine junge Mutter, die mit ihrer Familie in der Nachbarschaft des verurteilten Straftäters wohnt und deren Kind die Kita besucht. Eltern wollen wissen, wie der Mann aussieht, wo er wohnt und vor allem, wie sein Gesundheitszustand ist.

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Foto: AP

In der Kindertagesstätte hat man, kurz nachdem bekannt wurde, wer da in die Nachbarschaft gezogen ist, reagiert. "Wir haben in einem Brief darüber informiert, dass der Mann jetzt in unmittelbarer Nähe unserer Einrichtung wohnt", sagt die stellvertretende Leiterin der Kita. "Wir wollten die Nachricht den Eltern zeitig mitteilen, bevor sie es von anderen Seiten hören und eventuell Panik aufkommt", so die Erzieherin. Die Leitung der Kita rät den Eltern zu erhöhter Aufmerksamkeit. Auch in der Grundschule wurde ein Elternbrief verfasst. Das Kollegium hatte sich vorsorglich Bilder von dem Mann angeschaut.

Benno L. ist vor allem im Nachbarland kein Unbekannter. Dort sorgt sein Fall seit Jahren für ein beachtliches mediales Echo. So haben die zahlreichen in Kranenburg wohnenden Niederländer das Verfahren intensiv verfolgt. Medienangaben zufolge soll es der größte Kinderschänder-Prozess in der niederländischen Rechtsprechung gewesen sein.

Benno L. wurde verurteilt, weil er sich an geistig behinderten Mädchen vergangen hatte. Ein Gericht in den Niederlanden sprach den heute 65-jährigen Mann schuldig, Dutzende geistig behinderter Mädchen in seiner Zeit als Schwimmlehrer missbraucht zu haben. Er wurde wegen 33 Fällen von sexuellem Missbrauch und der Herstellung und dem Besitz von Kinderpornografie von Mädchen im Alter zwischen fünf und 16 Jahren verurteilt.

Als er das Gefängnis verlassen durfte, nahm sich Benno L. eine Wohnung in Leiden. Dort wurde regelmäßig vor seinem Haus demonstriert. "Pädo weg!" oder "Benno, verpiss dich!" waren die gemäßigteren Sprüche von der Straße. Die Gemeinde verhängte, nachdem kein Ende der Kundgebungen abzusehen war, ein Versammlungsverbot in der Umgebung von der Wohnung des ehemaligen Schwimmlehrers. Der Pädophile taucht auch nach seinem Prozess noch regelmäßig in den Medien auf. So zeigte ein niederländischer Sender im vergangenen Monat eine umfangreiche Dokumentation über das Leben von Benno L., der selbst für den Beitrag filmte. In dem Bericht werden die Schwierigkeiten gezeigt, die der 65-Jährige bei der Rückkehr in die Gesellschaft hat.

Einen Schritt zurück dorthin wollte Benno L. in der Grenzgemeinde tun. Eine 53-jährige Kranenburgerin suchte einen Nachmieter für ihre 60 Quadratmeter große Dachgeschosswohnung. "Es meldeten sich mehrere Interessenten. Er macht den besten Eindruck, war freundlich und hilfsbereit", sagt die Frau. Erst Wochen später erfuhr die Vermieterin, wer da in ihr Haus eingezogen ist. Es lag eine Karte in ihrem Briefkasten, die Hinweise auf das Leben ihres neuen Mieters gab. Die Kranenburgerin war ebenso entsetzt wie ihre Familie. Ihre Enkelkinder dürfen sie in ihrem Haus derzeit nicht besuchen. Die Sorgen der Eltern sind zu groß.

Die Kreispolizei Kleve kennt den Mann und war über den Umzug in die Grenzgemeinde informiert. "Unsere niederländischen Kollegen haben uns mitgeteilt, dass der Mann sich in Kranenburg eine Wohnung gesucht hat", sagt Polizeisprecher Manfred Jakobi. Die Kripo hat regelmäßig Kontakt mit Benno L. "Er zeigt sich kooperativ. Wir hätten keine Handhabe gegen den Mann, wenn er sich nicht mit uns unterhalten will", betont Jakobi, der den 65-Jährigen als offen und zugänglich beschreibt. "Er hat seine Strafe verbüßt und kann ohne Auflagen leben", sagt Jakobi.

Kranenburgs Bürgermeister Günter Steins kann nachvollziehen, dass sich Eltern Sorgen machen. Er betont jedoch, dass der Mann seine Strafe verbüßt habe. "Natürlich kann auch er sich auf dem Markt eine Wohnung suchen. Ich habe keine Möglichkeiten, irgendwelche Maßnahmen einzuleiten", sagt Steins.

Doch scheint die Zeit, in der Benno L. in Kranenburg wohnt, bald beendet zu sein. Sein Mietvertrag wurde gekündigt, er hat die Kündigung akzeptiert. Er sei bereits dabei, sich eine neue Wohnung zu suchen, so die Vermieterin. Spätestens am Ende des Jahres hat er die Grenzgemeinde verlassen und versucht dann irgendwo anders, einen Schritt zurück in die Gesellschaft zu schaffen.

(RP)
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